Kaiser-Franz-Josephs-Jubiläums-Greisenasyl

 

Neben dem ÖBB Verwaltungsgebäude und dem Waisenhaus ist das Greisenasyl der dritte palastartige Bau des bürgerlichen Viertels Saggen. Die prächtige Fassade ist bis heute erhalten geblieben. Man sieht die Statuen der Heiligen Petrus und Paulus sowie Christus als Zeichen für Güte gegenüber allen Menschen. An den Erbauer Freiherr Johann von Sieberer erinnert der Schriftzug „Gespendet von einem Patrioten“. In den vorangegangenen Jahren etablierte sich der heute noch als Villenviertel bekannte Saggen als Zentrum des bürgerlichen Lebens in Innsbruck. Für die Stadtentwicklung unter Bürgermeister Wilhelm Greil waren Einrichtungen wie Greisenasyl und Waisenhaus sehr wichtig. Die revolutionäre Idee war es, älteren Ehepaaren die Möglichkeit zu geben ihren Lebensabend gemeinsam zu verbringen. Das Altersheim besteht bis zum heutigen Tag, auch wenn es natürlich mehrmals modernisiert wurde.

1909 wurde das Kaiser-Franz-Josephs-Jubiläums-Greisenasyl in Innsbruck anlässlich des 60. Thronjubiläums Kaiser Franz-Joseph I. eröffnet. „Wie der Bürgermeister in einer der letzten Gemeinderatssitzungen berichtete, trägt sich Herr von Sieberer mit dem Plan, hier ein großes, schönes Armenhaus zu errichten … Der Bau soll auf einer jetzt freistehenden Parzelle hinter dem Claudiaplatz, neben dem Südbahnviadukt errichtet werden und zwei gesonderte Trakte (einen für Frauen und einen für Männer) erhalten. Zwischen den Trakten ist die Erbauung einer Kapelle projektiert.“ Das konnte man am 1. Juni 1907 als Innsbrucker der Presse rund um die Pläne des bürgerlichen Gönners entnehmen, der die Wohnstätte für Innsbrucks Senioren plante.

Innsbruck unter Wilhelm Greil

Wilhelm Greil war Bürgermeister von 1896 bis 1923, nachdem er vorher bereits als Vizebürgermeister tätig war. Diese Zeit war für Innsbruck richtungsweisend, viele Projekte die damals vorangetrieben wurden gehören heute wie selbstverständlich zum täglichen Leben in Innsbruck, waren um die Jahrhundertwende aber eine echte Revolution. Wilhelm Greil gehörte der „Deutschen Volkspartei“ an, die sich als nationale Partei aus der liberalen Bewegung herausgeschält hatte. Was uns heute als Widerspruch erscheint, liberal und national, war im 19. Jahrhundert ein politisch übliches und gut funktionierendes Gedankenpaar. Bedingt durch eine Wahlordnung, die auf das Stimmrecht über Vermögensklassen aufgebaut war, konnten sich die großen Massenparteien wie die Sozialdemokraten nicht durchsetzen. Viel mehr waren es eben die von wohlhabenden Bürgern und Unternehmern unterstützten liberalnationalen Politiker, die den Ton in dieser Zeit angaben.

Unter Wilhelm Greil erweiterte sich Innsbruck beträchtlich. Vor allem die Dörfer Wilten und Pradl, die 1904 eingemeindet und Teil der Stadt wurden, trugen zum Wachstum bei. Von 1880 bis 1900 vermehrte sich Innsbrucks Bevölkerung von 20.000 auf 26.000 Einwohner, Wilten hingegen verdreifachte sich quasi von 4000 auf 12.000. Neben dem quantitativen Wachstum durch die Stadterweiterung wurde unter Wilhelm Greil auch die Bautätigkeit innerhalb der Stadtteile emsig vorangetrieben. Neben den Villen im Saggen entstanden auch die Wohnhäuser im östlichen Teil des Stadtviertels. Infrastrukturprojekte wie das neue Rathaus in der Maria-Theresienstraße 1897, die Hungerburgbahn 1906, die Karwendelbahn hinauf nach Seefeld, der Bau des Greisenasyls und des Waisenhauses im Saggen, die Verlegung der Schwemmkanalisation, die Erneuerung des Marktplatzes und der Bau der Markthalle, die Übernahme des Gaswerks in Pradl und des Elektrizitätswerks in Mühlau und die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf elektrisches Licht fielen unter die Ägide Wilhelm Greils. 1928 verstarb der verdiente Altbürgermeister als Ehrenbürger der Stadt Innsbruck im Alter von 78 Jahren.