Annasäule

Maria-Theresienstraße 31

Annasäule mit Nordkette

​Die Annasäule zählt zu den beliebtesten Fotomotiven Innsbrucks. Besonders wenn sich im Winter die schneebedeckte Nordkette hinter der Altstadt erhebt, ist die Säule vor dem Bergpanorama ein wahrer Blickfang. Die Statue der Heiligen Anna richtet den Blick fromm nach Norden. Sie war die Großmutter Marias. Erst sehr spät wurde ihr von Gott ein Kinderwunsch erfüllt. Anna gilt als die Schutzheilige der werdenden Mütter und der Kinderlosen. Vor allem ihre hausfrauliche Tüchtigkeit und ihre mütterliche Stabilisierung des Haushalts galten vor der ersten, zarten Welle weiblicher Emanzipation im 19. Jahrhundert als weibliche Tugenden. Auch der Heilige Georg, der kämpferische Drachtentöter ist als Schutzpatron Tirols als Statue auf der Annasäule vertreten. Statuen von Kassian als Patron der Diözese Brixen (Südtirol) und Vigilius als Patron der Diözese Trient (Trentino) flankieren die Heiligen. Innsbruck war bis 1964 nicht der Bischofssitz des Landes. Tirol wurde kirchenrechtlich im Erbauungsjahr des Denkmals 1706 von den Bischöfen von Brixen und Trient regiert. Deshalb sind die beiden Heiligen dieser Südtiroler bzw. Trentiner Diözesen in Innsbruck stationiert. Besonders interessant ist die Mondsichelmadonna, die das Ensemble krönt. In der apokalyptischen Offenbarung des Johannes wird sie als Zeugin des letzten Gefechtes zwischen dem Erzengel Michael und dem Teufel genannt: „Eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.“ Sie kann als Symbol für den Kampf zwischen Gut und Böse gelesen werden, der sich nach Tiroler Lesart zuvor abgespielt hatte.

Errichtet wurde die Annasäule anlässlich der Beendigung eines Konflikts zwischen Tirol und Bayern, der als Boarischer Rummel in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Im Juni 1703 marschierte der bayerische Kurfürst Max Emanuel mit einem 12.000 Mann starken Heer über die Grenze und eroberte die als uneinnehmbar geltende Festung Kufstein. Nach einer Reihe von Siegen gelangte er nach Innsbruck. Erst nach und nach konnten sich die Tiroler Truppen formieren und die ersten Siege feiern. Am 26. Juli, dem Sankt Anna Tag, konnten die Landesverteidiger Tirols die bayerischen Invasoren wieder aus Innsbruck vertreiben. Aus diesem Anlass beschlossen die Tiroler Landstände ein Erinnerungsdenkmal zu errichten und der Heiligen Anna zu weihen, um die Stadt in Zukunft vor Krieg zu bewahren. Das Interessante dabei ist, dass Kurfürst Max Emanuel von einem guten Teil der Bürger Innsbrucks nicht ablehnend, vielmehr mit Begeisterung empfangen wurde. Der Boarische Rummel zeigte auf, wie unterschiedlich die politischen Vorstellungen von Stadt- und Landbevölkerung in Tirol war. 1809 sollte sich dieses Phänomen wiederholen.

Von Krieg wurde Innsbruck seit 1945 verschont, der Platz rund um die Annasäule ist aber auch heute noch konfliktgeladen, wenn auch auf anderer Ebene. Die Gastronomen der umliegenden Cafés und Bars sehen es nicht gerne, dass sich junge Leute auf den Stufen vor dem Denkmal niederlassen, um das Innenstadtflair zu konsumieren, ohne dafür Geld auszugeben. Auch die Beliebtheit als Platz für Demonstrationen aller Art stößt auf wenig offizielle Gegenliebe.

Der Boarische Rummel und der Spanische Erbfolgekrieg

Als 1700 mit Karl II. von Spanien der letzte Habsburger der spanischen Linie den Thron ohne Erben hinterließ, entbrannte der Spanische Erbfolgekrieg zwischen den Weltmächten. Habsburger, Franzosen und Bayern probierten jeweils ihren Kandidaten auf den Thron zu bringen. In wechselnden Allianzen rund um den Globus standen sich in den Koalitionskriegen große Armeen gegenüber. Über häufig wechselnde Bündnisse mischten zwischen Europa, Asien und Amerika auch Niederländer, Großbritannien - ja sogar Schweden und Russen mit. Was aber hat das mit Innsbruck zu tun?

1703 erhob das mit Frankreich verbündete Kurfürstentum Bayern Anspruch auf die Grafschaft Tirol. Um ihren vermeintlichen Anspruch auf Tirol militärisch zu untermauern, marschierten die Bayern mit 12.000 Mann über Kufstein ins Inntal. Relativ schnell konnten sie den Raum um Innsbruck erobern, um sich hier mit den Truppen des französischen Bündnispartners, der aus Italien Richtung Tirol marschierte, zu vereinigen.

Die Verteidiger leisteten dem Herzen Jesu einen Treueschwur und baten um himmlischen Beistand, ein Vorgang der sich später mehrmals wiederholen sollte. Südtiroler und Oberinntaler Truppen, zu großen Teil aus den Schützenvereinen schnell rekrutiert, boten den Fremdmächten erfolgreich Paroli. Bei einer Schlacht an der Pontlatzerbrücke bei Landeck konnten die Tiroler Truppen einen Erfolg feiern, der die Wende brachte. Die zahlenmäßig unterlegenen Tiroler Schützen waren im Guerillakrieg in unwegsamem Gelände den großen Armeen, die für Feldschlachten ausgebildet und ausgestattet waren, ebenbürtig. Geschickt nützten sie die bessere Ortskenntnis und ihre Fähigkeiten als Scharfschützen aus. Erst später rückten von Südtirol her auch reguläre Truppen der Habsburger nach. So konnte die bayrische Fremdherrschaft am 26. Juli, dem Sankt-Anna-Tag, wieder aus Innsbruck vertrieben werden.

Der Boarische Rummel, wie der kurze Kampf um Tirol genannt wurde, klingt nur oberflächlich nach einem Scharmützel. 1704 kam es in der Schlacht von Höchstädt zu einer bayrischen Niederlage gegen die Habsburger. In der Folge besetzten österreichische Truppen München besetzen. Nun war es andersherum, die Bayern erhoben sich gegen die Habsburger. Unter anderem kam es dabei zur bekannten Sendlinger Mordweihnacht, bei der habsburgische Truppen etwa 1000 Soldaten, die sich eigentlich schon ergeben hatten, niedermetzeln ließen. Das komplizierte Verhältnis zwischen Habsburgern, Tirolern, Innsbruckern und Bayern, die ihre Anrechte auf Tirol bis in die Zeit der Spätantike zurückdatierten, war ein Phänomen, von dem das Land lange begleitet wurde. Die Tiroler Bauern warfen dem offiziellen Österreich nicht zu Unrecht die Vernachlässigung der Landesverteidigung vor. In einer Welle des Zorns und des Hasses auf alle, die sich nicht gegen Bayern und Franzosen gewehrt hatten, ergoss sich Gewalt auch gegen Institutionen wie das Stift Wilten, wo die Bayern Quartier bezogen hatten. Auch das ohnehin historisch schlechte Verhältnis zwischen Stadt- und Landbevölkerung wurde durch den Empfang, den ein Teil der Bürgerschaft Innsbrucks dem bayerischen Landesfürsten Max Emanuel bereitet hatte, weiter verschlechtert.