Hofburg
Rennweg 1
Wissenswert
Neben der Wiener Hofburg und Schloss Schönbrunn ist die Hofburg in Innsbruck die dritte kaiserliche Schlossanlage Österreichs. Die Geschichte der Innsbrucker Hofburg ist wie ein Spaziergang durch vergangen Jahrhunderte Innsbrucks und zählt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Auf der Ostseite prangt der kaiserliche doppelköpfige Adler auf der blütenweißen Fassade. Die Hofburg war von jeher ein Herrschaftssymbol der Habsburger.
Der Tiroler Landesfürst Leopold IV. erwarb das Grundstück südlich der Pfarrkirche Ende des 14. Jahrhunderts. Als Friedrich IV. den Regierungssitz Tirols von Meran nach Innsbruck verlegte, residierte er im Neuhof, dem heutigen Goldenem Dachl. Erst sein Sohn Siegmund „der Münzreiche“ ließ an dieser Stelle an der Außenmauer der Stadt am Platz der heutigen Hofburg anschließend an das damals noch bestehende Saggentor eine Burg bauen. Die Anlage war nicht so sehr Teil der höfischen Repräsentation, sie war ein Teil der Verteidigungsanlagen der wachsenden Stadt.
Kaiser Maximilian I. verlagerte seine Residenz vom zu klein gewordenen Neuhof um 1500 in die Hofburg. Unter Maximilian wuchsen sowohl der höfische Verwaltungsapparat wie auch die Anzahl der Besucher, die Innsbruck empfing. Innsbruck war zur Residenzstadt erhoben worden. Maximilians zweite Frau Bianca Maria Sforza verbrachte viel Zeit in Innsbruck. Sowohl Funktionalität wie auch Größe der höfischen Infrastruktur mussten nachgezogen werden. Die Gemächer, die sogenannten „Frauenzimmer“ wurden in dieser Zeit gebaut.
Vor der Burg, am heutigen Rennweg, fanden Turniere statt um den Angehörigen des Hofs Zerstreuung zu bieten. Auch Kaiser Ferdinand I., Maximilians Enkel, nutzte Innsbruck als zeitweilige Residenz für sich und seine Familie. Unter seinem Sohn Ferdinand II. wurde die Hofburg und somit auch Innsbruck zu einem der wichtigsten Zentren höfischer Kultur der Renaissance des 16. Jahrhunderts nördlich der Alpen, auch wenn der Landesfürst selbst seine Zeit lieber im Schloss Ambras verbrachte.
Ihr aktuelles Aussehen im Rokoko Stil verdankt die Innsbrucker Hofburg Österreichs prominentester Regentin Maria Theresia. Obwohl sie nur zwei Mal selbst anwesend war, waren ihr die alten gotischen Gemäuer ein Gräuel. Die neue Architektur stammte von den Architekten Johann Martin Gumpp dem Jüngeren und Nicolaus von Pacassi. Maria Theresia stiftete auch das Innsbrucker Damenstift auf der Südseite der Innsbrucker Hofburg. Ihr Gatte Kaiser Franz Stephan war in Innsbruck verstorben. 16 adelige Damen sollten in seinem Sterbezimmer, das zum Stift umfunktioniert wurde, für das Seelenheil des Kaisers beten. Auch die als Regentin der Aufklärung geltende Maria Theresia lebte noch im Bewusstsein, dass das Leben nach dem Tod wichtiger sei als das irdische. Die Leitung des Stiftes übernahm Maria Elisabeth, eine ihrer Töchter. Der böse Volksmund nannte sie ob ihres Aussehens die kropferte Liesl. Bis zum heutigen Tag besteht diese Einrichtung fort, es wird wohl noch immer fleißig gebetet für das Seelenheil des Kaisers.
Die Hofburg ging mit dem Ende der Habsburgermonarchie 1918 und den dahinterliegenden Habsburgergesetzen in den Besitz der Republik über. Die Verwaltung erfolgt durch die Burghauptmannschaft Österreich. Das sehenswerte Innere der Hofburg kann besichtigt werden. Die Highlights sind die Säle Kaiserin Maria Theresias und das Kaiserin-Elisabeth-Appartement von Sissi sowie der Riesensaal mit Bildern der Familie Maria Theresias.
Maria Theresia, Reformatorin und Landesmutter
Maria Theresia zählt zu den bedeutendsten Figuren der österreichischen Geschichte. Obwohl sie oft als Kaiserin tituliert wird, war sie offiziell "nur" unter anderem Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn und Königin von Böhmen. Bedeutend waren ihre innenpolitischen Reformen. Gemeinsam mit ihren Beratern Friedrich Wilhelm von Haugwitz, Joseph von Sonnenfels und Wenzel Anton Kaunitz schaffte sie es aus den sogenannten Österreichischen Erblanden einen modernen Staat zu basteln. Anstatt der Verwaltung ihrer Territorien durch den ansässigen Adel setzte sie auf eine moderne Verwaltung. Das Wohl der Untertanen wurde wichtiger. Ihre Berater hatten ganz im Stil der Aufklärung erkannt, dass sich das Staatswohl aus der Gesundheit und Bildungsgrad seiner Einzelteile ergab. Untertanen sollten katholisch sein, ihre Treue aber sollte dem Staat gelten. Schulbildung wurde unter zentrale staatliche Verwaltung gestellt. Es sollten keine kritischen, humanistischen Geistesgrößen, sondern Material für den staatlichen Verwaltungsapparat erzogen werden. Über Militär und Verwaltung konnten nun auch Nichtadlige in höhere staatliche Positionen aufsteigen.
In Strafverfolgung und Justiz fand ein Umdenken statt. 1747 wurde in Innsbruck eine kleine Polizei eingesetzt, die sich um Angelegenheiten der Marktaufsicht, Gewerbeordnung, Fremdenkontrolle und öffentliche Sittsamkeit kümmerte. Das Strafgesetzbuch Constitutio Criminalis Theresiana schaffte die Folter zwar nicht ab, reglementierte aber deren Anwendung.
Wirtschaftsreformen sollten nicht nur mehr Möglichkeiten für die Untertanen schaffen, sondern auch die Staatseinnahmen erhöhen. Gewichte und Maßeinheiten wurden nominiert, um das Steuersystem undurchlässiger zu machen. Für Bürger und Bauern hatte die Vereinheitlichung der Gesetze den Vorteil, dass das Leben weniger von Grundherren und deren Launen abhing. Auch der Robot, den Bauern auf den Gütern des Grundherrn kostenfrei zu leisten hatten, wurde unter Maria Theresia abgeschafft.
So sehr sich Maria Theresia auch als fromme Landesmutter inszenierte und heute als Aufklärerin bekannt ist, die streng katholische Regentin war nicht zimperlich in Fragen von Macht und Religion. Im Trend der Zeit der Aufklärung ließ sie Aberglauben wie den Vampirismus, der in den östlichen Teilen ihres Reiches weit verbreitet war, kritisch untersuchen und leitete das endgültige Ende der Hexenprozesse ein. Gleichzeitig aber wurden Protestanten von ihr gnadenlos des Landes verwiesen. Viele Tiroler mussten ihr Heimatgebiet verlassen und sich in weiter vom Zentrum entfernten Teilen des Habsburgerreiches niederlassen.
In Kronländern wie Tirol stießen die Reformen Maria Theresias auf wenig Gegenliebe. Mit Ausnahme von ein paar Liberalen sah man sich mehr als eigenständiges und autonomes Land und weniger als Teil eines modernen Territorialstaates. Auch dem Klerus gefiel die neue, untergeordnete Rolle, die sich unter Josef II. nochmals verschärfte, nicht. Für den lokalen Adel bedeuteten die Reformen nicht nur den Verlust von Bedeutung und Autonomie, sondern auch höhere Steuern und Abgaben. Steuern, Abgaben und Zölle, die der Stadt Innsbruck stets verlässliche Einnahmen gebracht hatten, wurden nun zentral eingehoben und über einen Finanzausgleich nur zum Teil rückgeführt. Um die Fallhöhe für Söhne aus verarmten Adelsfamilien abzuschwächen und sie für den Staatsdienst auszubilden, gründete Maria Theresie das Theresianum, das ab 1775 auch in Innsbruck eine Niederlassung hatte.
Wie so oft bügelte die Zeit manche Falte aus und Innsbrucker sind mittlerweile stolz darauf, eine der bedeutendsten Herrscherpersönlichkeiten der österreichischen Geschichte beherbergt zu haben. Heute erinnern vor allem die Triumphpfote und die Hofburg in Innsbruck an die Theresianische Zeit.
Barock: Kunstrichtung und Lebenskunst
Wer in Österreich unterwegs ist, kennt die Kuppen und Zwiebeltürme der Kirchen in Dörfern und Städten. Diese Form der Kirchtürme entstand in der Zeit der Gegenreformation und ist ein typisches Kennzeichen des Architekturstils Barock. Auch in Innsbrucks Stadtbild sind sie vorherrschend. Die bekanntesten Gotteshäuser Innsbrucks wie der Dom, die Johanneskirche oder die Jesuitenkirche, sind im Stile des Barocks gehalten. Prachtvoll und prunkvoll sollten Gotteshäuser sein, ein Symbol des Sieges des rechten Glaubens. Die Religiosität spiegelte sich in Kunst und Kultur wider: Großes Drama, Pathos, Leiden, Glanz und Herrlichkeit vereinten sich zum Barock, der den gesamten katholisch orientierten Einflussbereich der Habsburger und ihrer Verbündeten zwischen Spanien und Ungarn nachhaltig prägte.
Das Stadtbild Innsbrucks veränderte sich enorm. Die Gumpps und Johann Georg Fischer als Baumeister sowie die Bilder Franz Altmutters prägen Innsbruck bis heute nachhaltig. Das Alte Landhaus in der Altstadt, das Neue Landhaus in der Maria-Theresien-Straße, die unzähligen Palazzi, Bilder, Figuren – der Barock war im 17. und 18. Jahrhundert das stilbildende Element des Hauses Habsburg und brannte sich in den Alltag ein. Das Bürgertum wollte den Adeligen und Fürsten nicht nachstehen und ließen ihre Privathäuser im Stile des Barocks errichten. Auf Bauernhäusern prangen Heiligenbilder, Darstellungen der Mutter Gottes und des Herzen Jesu.
Barock war nicht nur eine architektonische Stilrichtung, es war ein Lebensgefühl, das seinen Ausgang nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges nahm. Die Türkengefahr aus dem Osten, die in der zweimaligen Belagerung Wiens gipfelte, bestimmte die Außenpolitik des Reiches, während die Reformation die Innenpolitik dominierte. Die Barockkultur war ein zentrales Element des Katholizismus und der politischen Darstellung derselben in der Öffentlichkeit, das Gegenmodell zum spröden und strengen Lebensentwurf Calvins und Luthers. Feiertage mit christlichem Hintergrund wurden eingeführt, um den Alltag der Menschen aufzuhellen. Architektur, Musik und Malerei waren reich, füllig und üppig. In Theaterhäusern wie dem Comedihaus in Innsbruck wurden Dramen mit religiösem Hintergrund aufgeführt. Kreuzwege mit Kapellen und Darstellungen des gekreuzigten Jesus durchzogen die Landschaft. Die Volksfrömmigkeit in Form der Wallfahrten, Marien- und Heiligenverehrung hielt Einzug in den Kirchenalltag.
Die Barockfrömmigkeit wurde auch zur Erziehung der Untertanen eingesetzt. Auch wenn der Ablasshandel in der Zeit nach dem 16. Jahrhundert keine gängige Praxis mehr in der katholischen Kirche war, so gab es doch noch eine rege Vorstellung von Himmel und Hölle. Durch ein tugendhaftes Leben, sprich ein Leben im Einklang mit katholischen Werten und gutem Verhalten als Untertan gegenüber der göttlichen Ordnung, konnte man dem Paradies einen großen Schritt näherkommen. Die sogenannte Christliche Erbauungsliteratur war nach der Schulreformation des 18. Jahrhunderts in der Bevölkerung beliebt und zeigte vor, wie das Leben zu führen war. Das Leiden des Gekreuzigten für die Menschheit galt als Symbol für die Mühsal der Untertanen auf Erden innerhalb des Feudalsystems. Mit Votivbildern baten Menschen um Beistand in schweren Zeiten oder bedankten sich vor allem bei der Mutter Gottes für überstandene Gefahren und Krankheiten. Tolle Beispiele dafür finden sich an der östlichen Fassade der Basilika in Wilten.
Der Historiker Ernst Hanisch beschrieb den Barock und den Einfluss, den er auf die österreichische Lebensart hatte, so:
„Österreich entstand in seiner modernen Form als Kreuzzugsimperialismus gegen die Türken und im Inneren gegen die Reformatoren. Das brachte Bürokratie und Militär, im Äußeren aber Multiethnien. Staat und Kirche probierten den intimen Lebensbereich der Bürger zu kontrollieren. Jeder musste sich durch den Beichtstuhl reformieren, die Sexualität wurde eingeschränkt, die normengerechte Sexualität wurden erzwungen. Menschen wurden systematisch zum Heucheln angeleitet.“
Die Rituale und das untertänige Verhalten gegenüber der Obrigkeit hinterließen ihre Spuren in der Alltagskultur, die katholische Länder wie Österreich und Italien bis heute von protestantisch geprägten Regionen wie Deutschland, England oder Skandinavien unterscheiden. Die Leidenschaft für akademische Titel der Österreicher hat ihren Ursprung in den barocken Hierarchien. Der Ausdruck Barockfürst bezeichnet einen besonders patriarchal-gönnerhaften Politiker, der mit großen Gesten sein Publikum zu becircen weiß. Während man in Deutschland politische Sachlichkeit schätzt, ist der Stil von österreichischen Politikern theatralisch, ganz nach dem österreichischen Bonmot des „Schaumamal“.
Die Baumeister Gumpp und die Barockisierung Innsbrucks
Die Werke der Familie Gumpp bestimmen bis heute sehr stark das Aussehen Innsbrucks. Vor allem die barocken Teile der Stadt sind auf die Hofbaumeister zurückzuführen. Der Begründer der Dynastie in Tirol, Christoph Gumpp (1600-1672) war eigentlich Tischler. Sein Talent allerdings hatte ihn für höhere Weihen auserkoren. Den Beruf des Architekten gab es zu dieser Zeit noch nicht. Michelangelo und Leonardo Da Vinci galten in ihrer Zeit als Handwerker, nicht als Künstler. Der Ruhm ihrer Kunstwerke allerdings hatte den Wert italienischer Baumeister innerhalb der Aristokratie immens nach oben getrieben. Wer auf sich hielt, beschäftigte jemand aus dem Süden am Hof. Christoph Gumpp, obwohl aus dem Schwabenland nach Innsbruck gekommen, trat nach seiner Mitarbeit an der Dreifaltigkeitskirche in die Fußstapfen der von Ferdinand II. hochgeschätzten Renaissance-Architekten aus Italien. Auf Geheiß Ferdinands Nachfolger Leopold V. reiste Gumpp nach Italien, um dort Theaterbauten zu studieren- Er sollte bei den kulturell den Ton angebenden Nachbarn südlich des Brenners sein Wissen für das geplante landesfürstliche Comedihaus aufzupolieren. Gumpps offizielle Tätigkeit als Hofbaumeister begann 1633 und er sollte diesen Titel an die nächsten beiden Generationen weitervererben. Über die folgenden Jahrzehnte sollte Innsbruck einer kompletten Renovierung unterzogen werden. Neue Zeiten bedurften eines neuen Designs, abseits des düsteren, von der Gotik geprägten Mittelalters. Die Gumpps traten nicht nur als Baumeister in Erscheinung. Sie waren Tischler, Maler, Kupferstecher und Architekten, was ihnen erlaubte, ähnlich der Bewegung der Tiroler Moderne rund um Franz Baumann und Clemens Holzmeister Anfang des 20. Jahrhunderts, Projekte ganzheitlich umzusetzen. Johann Martin Gumpp der Ältere, Georg Anton Gumpp und Johann Martin Gumpp der Jüngere waren für viele der bis heute prägendsten Gebäude im Stadtbild zuständig. So stammen die Wiltener Stiftskirche, die Mariahilfkirche, die Johanneskirche und die Spitalskirche von den Gumpps. Neben dem Entwurf von Kirchen und ihrer Arbeit als Hofbaumeister machten sie sich auch als Planer von Profanbauten einen Namen. Viele der Bürgerhäuser und Stadtpaläste Innsbrucks wie das Taxispalais oder das Alte Landhaus in der Maria-Theresien-Straße wurden von Ihnen entworfen. Das Meisterstück aber war das Comedihaus, das Christoph Gumpp für Leopold V. und Claudia de Medici im ehemaligen Ballhaus plante. Die überdimensionierten Maße des damals richtungsweisenden Theaters, das in Europa zu den ersten seiner Art überhaupt gehörte, erlaubte nicht nur die Aufführung von Theaterstücken, sondern auch Wasserspiele mit echten Schiffen und aufwändige Pferdeballettaufführungen. Das Comedihaus war ein Gesamtkunstwerk an und für sich, das in seiner damaligen Bedeutung wohl mit dem Festspielhaus in Bayreuth des 19. Jahrhunderts oder der Elbphilharmonie heute verglichen werden muss. Das ehemalige Wohnhaus der Familie Gumpp kann heute noch begutachtet werden, es beherbergt heute die Konditorei Munding. Im Stadtteil Pradl erinnert die Gumppstraße an die Baumeisterdynastie.
Maximilian I. und seine Zeit
Maximilian zählt zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der europäischen und der Innsbrucker Stadtgeschichte. Über Tirol soll der passionierte Jäger gesagt haben: "Tirol ist ein grober Bauernkittel, der aber gut wärmt." Er machte Innsbruck in seiner Regierungszeit zu einem der wichtigsten Zentren des Heiligen Römischen Reichs. „Wer immer sich im Leben kein Gedächtnis macht, der hat nach seinem Tod kein Gedächtnis und derselbe Mensch wird mit dem Glockenton vergessen.“ Dieser Angst wirkte Maximilian höchst erfolgreich aktiv entgegen. Unter ihm spielten Propaganda, Bild und Medien eine immer stärkere Rolle, bedingt auch durch den aufkeimenden Buchdruck. Maximilian nutzte Kunst und Kultur, um sich präsent zu halten. So hielt er sich eine Reichskantorei, eine Musikkapelle, die vor allem bei öffentlichen Auftritten und Empfängen internationaler Gesandter zum Einsatz kam. Das Goldene Dachl, die Hofburg, die Hofkirche und das Innsbrucker Zeughaus wurden von ihm maßgeblich initiiert, ebenso die Befestigung der Straßen und Gassen der Altstadt durch Pflasterung. Er ließ den Handelsweg im heutigen Mariahilf verlegen und verbesserte die Wasserversorgung der Stadt. Eine Feuerordnung gab es in Innsbruck bereits seit 1510. Mit der neuen Wasserleitung, die 25 Jahre zuvor unter Maximilian nach Innsbruck verlegt wurde, ergaben sich neue Möglichkeiten für den Brandschutz. 1499 veranlasste Maximilian die Salvatorikapelle, ein Spital für die notleidenden Innsbrucker, die keinen Anspruch auf einen Platz im Stadtspital der Bruderschaft hatten umzubauen. Er begann auch an den Privilegien des Stiftes Wilten, dem größten Grundherrn im heutigen Stadtgebiet, zu sägen. Infrastruktur im Besitz des Klosters wie Mühle, Säge und Sillkanal sollten stärker unter landesfürstliche Kontrolle kommen.
Der kaiserliche Hof, der immer wieder in Innsbruck ansässig war, transformierte Aussehen und Attitüde Innsbrucks. Gesandte und Politiker aus ganz Europa bis zum osmanischen Reich sowie Adelige ließen sich ihren Wohnsitz in Innsbruck bauen oder übernachteten in den Wirtshäusern der Stadt. Kulturell war es vor allem seine zweite Ehefrau Bianca Maria Sforza, die Innsbruck förderte. Nicht nur die Hochzeit fand hier statt, sie residierte auch lange Zeit hier, war die Stadt doch näher an ihrer Heimat Mailand als die anderen Residenzen Maximilians. Sie brachte ihren gesamten Hofstaat aus der Renaissancemetropole mit in die deutschen Länder nördlich der Alpen.
Innsbruck wurde unter Maximilian aber nicht nur kulturell zu einem Zentrum des Reiches, auch wirtschaftlich brummte die Stadt. Unter anderem war Innsbruck Zentrale des Postdienstes im Kaiserreich. Die Familie Thurn und Taxis erhielt das Monopol auf diesen wichtigen Dienst und wählte Innsbruck als Zentrale ihrer privaten Reichspost.
In der Waffenherstellung konnte Maximilian auf das Fachwissen der Büchsenmeister aufbauen, die sich bereits unter seinem Vorgänger Siegmund in den Gießereien in Hötting etabliert hatten. Der berühmteste von ihnen war Peter „Löffler“ Laiminger. Die Geschichte der Löfflers ist im Roman Der Meister des siebten Siegels ausgezeichnet verarbeitet.
Die Fugger unterhielten eine Kontorei in Innsbruck. Neben seiner ihm gerne unterstellten Liebe für die Tiroler Natur waren ihm die Kostbarkeiten wie das Haller Salz und das Schwazer Silber mindestens ebenso teuer und nützlich. Seinen aufwändigen Hofstaat, die Wahl zum König durch die Kurfürsten und die vielen Kriege finanzierte sich Maximilian unter anderem durch Verpfändung der Bodenschätze des Landes an die reiche Kaufmannsfamilie aus Augsburg.
Bei den Tiroler Bauern war Maximilian zu Lebzeiten lange unbeliebt. Maximilian beschnitt die bäuerlichen Rechte der Allmende. Holzschlag, Jagd und Fischerei wurden dem Landesherrn unterstellt und waren kein Allgemeingut mehr. Das hatte negative Auswirkungen auf die bäuerliche Selbstversorgung. Fleisch und Fisch, im Mittelalter für lange Zeit ein Teil des Speiseplans gewesen, nun wurde dieser Genuss zum Luxus. Es war um 1500, dass aus Jägern Wilderer wurden.
Viele Tiroler mussten auf den Schlachtfeldern den kaiserlichen Willen durchsetzen. Zahlreiche Auseinandersetzungen Maximilians fanden in unmittelbarer Nähe zu Tirol statt. Die Kriege verlangten den wehrfähigen Männern viel ab. Das änderte sich erst in den letzten Regierungsjahren. Über den geschickten politischen Zug des Tiroler Landlibells von 1511 konnte sich Maximilian die Zuneigung und Treue der Untertanen erkaufen und den Einfluss der Bischöfe von Brixen und Trient einschränken. Maximilian gestand den Tirolern in einer Art Verfassung zu, dass sie als Soldaten nur für den Krieg zur Verteidigung des eigenen Landes herangezogen werden dürfen.
Maximilians Wirken in Innsbruck zu fassen, ist schwierig. Er soll regelrecht verliebt in sein Land Tirol gewesen sein. Liebesbekundungen eines Kaisers schmeicheln natürlich der Volksseele bis heute. Seine materielle Hinterlassenschaft mit den vielen Prunkbauten verstärken dieses positive Image. Er machte Innsbruck zu einer kaiserlichen Residenzstadt und trieb die Modernisierung der Infrastruktur voran. Innsbruck wurde zum Zentrum der Rüstungsindustrie und wuchs wirtschaftlich und räumlich. Die Schulden, die er dafür aufnahm und das Landesvermögen, das er an die Fugger verpfändete, prägten Tirol nach seinem Tod mindestens ebenso wie die strengen Gesetze, die er der einfachen Bevölkerung verordnete. In der heutigen Volksseele sind die harten Zeiten nicht so präsent wie das Goldene Dachl und die in der Schule gelernten weichen Fakten und Legenden rund um den einflussreichen Kaiser. 2019 überschlug man sich mit den Feierlichkeiten zum 500. Todestag des für Innsbruck wohl wichtigsten Habsburgers. Der Wiener wurde wohlwollend eingebürgert. Salzburg hat Mozart, Innsbruck Maximilian, einen Kaiser, den Tiroler passend zur gewünschten Identität Innsbrucks als rauen Gesellen, der am liebsten in den Bergen ist, angepasst haben. Sein markantes Gesicht prangt heute auf allerhand Konsumartikeln, vom Käse bis zum Skilift steht der Kaiser für allerhand Profanes Pate. Lediglich für politische Agenden lässt er sich weniger gut vor den Karren spannen als Andreas Hofer. Wahrscheinlich ist es für den Durchschnittsbürger einfacher, sich mit einem revolutionären Wirt zu identifizieren als mit einem Kaiser.
Ferdinand II.: Renaissance, Glanz und Glamour
Erzherzog Ferdinand II. von Österreich (1529 – 1595) zählt zu den schillerndsten Figuren der Tiroler Landesgeschichte. Sein Vater Kaiser Ferdinand I. ließ ihm eine ausgezeichnete Ausbildung angedeihen. Er wuchs am spanischen Hof seines Onkels Kaiser Karl V auf. Einen Teil seiner Jugend verbrachte er am Hof in Innsbruck, der zu dieser Zeit ebenfalls spanisch geprägt war. Die Jahre, in denen Ferdinand seine Schulbildung erhielt, fallen in die Anfangszeit des jesuitischen Einflusses an den habsburgischen Höfen. In jungen Jahren reiste er durch Italien und Burgund und hatte an den wohlhabenden Höfen dort einen Lebensstil kennengelernt, der sich unter der deutschen Aristokratie noch nicht durchgesetzt hatte. Ferdinand war das, was man heute als Globetrotter, Mitglied der Bildungselite oder Kosmopolit bezeichnen würde. Er galt als intelligent, charmant und kunstsinnig. Bei weniger exzentrischen Zeitgenossen genoss Ferdinand den Ruf eines unmoralischen und genusssüchtigen Wüstlings. Es wurde ihm schon zu Lebzeiten nachgesagt, ausschweifende und unsittliche Orgien zu veranstalten.
Ferdinand hatte das Land Tirol als Landesfürst in turbulenten Zeiten übernommen. Die Bergwerke in Schwaz begannen wegen des billigen Silbers aus Amerika unrentabel zu werden. Die Silberschwemme aus der Neuen Welt führte zu einer Inflation. Das hielt ihn nicht davon ab, einen teuren Hofstaat zu unterhalten, währen die Lebenskosten für die ärmeren Bevölkerungsschichten anstiegen. Die italienischen Städte waren stilbildend in Kultur, Kunst und Architektur. Der Tiroler Hof Ferdinands sollte diesen Städten in nichts nachstehen. Seine Maskenbälle und Umzüge waren legendär. Ferdinand ließ Innsbruck im Geist der Renaissance umgestalten. Ganz im Trend der Zeit ahmte er die italienischen Adelshöfe in Florenz, Mantua, Ferrara oder Mailand nach. Hofarchitekt Giovanni Lucchese stand ihm dabei zur Seite. Vorbei sollten die Zeiten sein, in denen Deutsche in den schöneren Städten südlich der Alpen als unzivilisiert, barbarisch oder gar als Schweine bezeichnet wurden.
Mit dem Schloss Ambras war es aber nicht getan. Westlich der Stadt erinnert ein Torbogen noch an den Tiergarten, ein Jagdrevier Ferdinands samt Lusthaus entworfen ebenfalls von Lucchese. Damit der Landesfürst sein Wochenenddomizil erreichen konnte, wurde eine Straße in die sumpfige Höttinger Au gelegt, die die Basis für die heutige Kranebitter Allee bildete. Das Lusthaus wurde 1786 durch den heute als Pulverturm bekannten Bau ersetzt, der einen Teil der sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck beheimatet. Dem fürstlichen Sport des Jagens folgte im ehemaligen Lusthaus, das der Pulverturm war, die Sportuniversität nach. In der Innenstadt ließ er das fürstliche Comedihaus am heutigen Rennweg errichten. Um Innsbrucks Trinkwasserversorgung zu verbessern, wurde unter Ferdinand die Mühlauerbrücke errichtet, um eine Wasserleitung vom Mühlaubach ins Stadtgebiet zu verlegen.
Auch die Politik Ferdinands stand unter italienischem Einfluss. Machiavelli schrieb sein Werk „Il Principe“, in dem davon die Rede war, dass Regierenden alles erlaubt sei, was für den Erfolg nötig ist, so sie denn unfähig waren, sie auch abgesetzt werden könnten. Ferdinand II. probierte diesem frühen absolutistischen Führungsstil gerecht zu werden und erließ mit seiner Tiroler Landesordnung für damalige Verhältnisse ein modernes juristisches Regelwerk. Die Jesuiten, kurz vor Ferdinands Amtsantritt in Innsbruck eingetroffen, um lästigen Reformatoren und Kirchenkritikern das Leben schwer zu machen, das Bildungswesen neu aufzustellen und die kirchliche Präsenz verstärken, erhielten in der Silbergasse eine neue Kirche. Es mag heute als Widerspruch scheinen, dass der genusssüchtige Landesfürst Ferdinand als Katholik und Gegenreformator die Kirche verteidigte, in der Zeit der späten Renaissance war es das nicht. Mit seinen Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung war er ebenfalls auf der Linie der Jesuiten.
Einen ansehnlichen Teil seines Lebens verbrachte Ferdinand auf Schloss Ambras bei Innsbruck, wo er sich eine der kostbarsten Sammlungen von Kunstwerken und Rüstungen anlegte, die noch heute zu den wertvollsten der Welt ihrer Art zu zählen ist.
In erster "halbwilder Ehe" war Ferdinand mit der Bürgerlichen Philippine Welser verheiratet. Der Landesfürst soll in seine schöne Ehefrau regelrecht vernarrt gewesen sein, weshalb er sich über alle Konventionen der Zeit hinwegsetzte. Ihre Kinder wurden ob der strengen Gesellschaftsordnung des 16. Jahrhunderts von der Erbfolge ausgeschlossen. Nachdem Philippine Welser verstorben war, heiratete Ferdinand mit 53 Jahren die tiefgläubige Anna Caterina Gonzaga, eine erst 16jährige Prinzessin von Mantua. Große Zuneigung haben die beiden allem Anschein nach aber nicht zueinander empfunden, zumal Anna Caterina eine Nichte Ferdinands war. Die Habsburger waren beim Thema Hochzeit unter Verwandten weniger zimperlich als bei der Ehe eines Adeligen mit einer Bürgerlichen. Auch mit ihr konnte er allerdings "nur" drei Töchter zeugen. Seine letzte Ruhestätte fand Ferdinand in der Silbernen Kapelle bei seiner ersten Ehefrau.
Innsbruck und das Haus Habsburg
Innsbrucks Innenstadt wird heute von Gebäuden und Denkmälern geprägt, die an die Familie Habsburg erinnern. Die Habsburger waren über viele Jahrhunderte ein europäisches Herrscherhaus, zu dessen Einflussbereich verschiedenste Territorien gehörten. Am Zenit ihrer Macht waren sie die Herrscher über ein „Reich, in dem die Sonne nie untergeht“. Durch Kriege und geschickte Heirats- und Machtpolitik saßen sie in verschiedenen Epochen an den Schalthebeln der Macht zwischen Südamerika und der Ukraine. Innsbruck war immer wieder Schicksalsort dieser Herrscherdynastie. Besonders intensiv war das Verhältnis zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert. Durch die strategisch günstige Lage zwischen den italienischen Städten und deutschen Zentren wie Augsburg und Regensburg kam Innsbruck spätestens nach der Erhebung zur Residenzstadt unter Kaiser Maximilian ein besonderer Platz im Reich zu. Manche der Habsburger Landesherren hatten weder eine besondere Beziehung zu Tirol noch brachten sie diesem deutschen Land besondere Zuneigung entgegen. Ferdinand I. (1503 – 1564) wurde am spanischen Hof erzogen. Maximilians Enkel Karl V. war in Burgund aufgewachsen. Als er mit 17 Jahren zum ersten Mal spanischen Boden betrat, um das Erbe seiner Mutter Johanna über die Reiche Kastilien und Aragorn anzutreten, sprach er kein Wort spanisch. Als er 1519 zum Deutschen Kaiser gewählt wurde, sprach er kein Wort Deutsch.
Tirol war Provinz und als konservativer Landstrich der Herrscherfamilie meist zugetan. Die schwer zugängliche Lage machte es zum perfekten Fluchtort in unruhigen und krisenhaften Zeiten. Karl V. (1500 – 1558) floh während einer Auseinandersetzung mit dem protestantischen Schmalkaldischen Bund für einige Zeit nach Innsbruck. Ferdinand I. (1793 – 1875) ließ seine Familie fern der osmanischen Bedrohung im Osten Österreichs in Innsbruck verweilen. Franz Josef I. genoss kurz vor seiner Krönung im turbulenten Sommer der Revolution 1848 gemeinsam mit seinem Bruder Maximilian, der später als Kaiser von Mexiko von Aufständischen Nationalisten erschossen wurde, die Abgeschiedenheit Innsbrucks. Eine Tafel am Alpengasthof Heiligwasser über Igls erinnert daran, dass der Monarch hier im Rahmen seiner Besteigung des Patscherkofels nächtigte.
Nicht alle Habsburger waren stets glücklich in Innsbruck zu sein. Angeheiratete Prinzen und Prinzessinnen wie Maximilians zweite Frau Bianca Maria Sforza oder Ferdinand II. zweite Frau Anna Caterina Gonzaga strandeten ungefragt nach der Hochzeit in der rauen, deutschsprachigen Bergwelt. Stellt man sich zudem vor, was ein Umzug samt Heirat von Italien nach Tirol zu einem fremden Mann für einen Teenager bedeutet, kann man erahnen, wie schwer das Leben der Prinzessinnen war. Kinder der Aristokratie wurden bis ins 20. Jahrhundert vor allem dazu erzogen, politisch verheiratet zu werden. Widerspruch dagegen gab es keinen. Man mag sich das höfische Leben als prunkvoll vorstellen, Privatsphäre war in all dem Luxus nicht vorgesehen.
Als Sigismund Franz von Habsburg (1630 – 1665) als letzter Landesfürst kinderlos starb, war auch der Titel der Residenzstadt Geschichte und Tirol wurde von einem Statthalter regiert. Der Tiroler Bergbau hatte an Wichtigkeit eingebüßt. Kurz darauf verloren die Habsburger mit Spanien und Burgund ihre Besitzungen in Westeuropa, was Innsbruck vom Zentrum an den Rand des Imperiums rückte. In der K.u.K. Monarchie des 19. Jahrhunderts war Innsbruck der westliche Außenposten eines Riesenreiches, das sich bis in die heutige Ukraine erstreckte. Franz Josef I. (1830 – 1916) herrschte zwischen 1848 und 1916 über ein multiethnisches Vielvölkerreich. Sein neoabsolutistisches Herrschaftsverständnis allerdings war aus der Zeit gefallen. Österreich hatte seit 1867 zwar ein Parlament und eine Verfassung, der Kaiser betrachtete diese Regierung allerdings als „seine“. Minister waren dem Kaiser gegenüber verantwortlich, der über der Regierung stand. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zerbrach das marode Reich. Am 28. Oktober 1918 wurde die Republik Tschechoslowakei ausgerufen, am 29. Oktober verabschiedeten sich Kroaten, Slowenen und Serben aus der Monarchie. Der letzte Kaiser Karl dankte am 11. November ab. Am 12. November erklärte sich „Deutschösterreich zur demokratischen Republik, in der alle Gewalt vom Volke ausgeht“. Das Kapitel der Habsburger war beendet.
Bei allen nationalen, wirtschaftlichen und demokratiepolitischen Problemen, die es in den Vielvölkerstaaten gab, die in verschiedenen Kompositionen und Ausprägungen den Habsburgern unterstanden, die nachfolgenden Nationalstaaten schafften es teilweise wesentlich schlechter die Interessen von Minderheiten und kulturellen Unterschiede innerhalb ihres Territoriums unter einen Hut zu bringen. Seit der EU-Osterweiterung wird die Habsburgermonarchie von einigen wohlmeinenden Historikern als ein vormoderner Vorgänger der Europäischen Union gesehen. Gemeinsam mit der katholischen Kirche prägten die Habsburger den öffentlichen Raum über Architektur, Kunst und Kultur. Goldenes Dachl, Hofburg, die Triumphpforte, Schloss Ambras, der Leopoldsbrunnen und viele weitere Bauwerke erinnern bis heute an die Präsenz der wohl bedeutendsten Herrscherdynastie der europäischen Geschichte in Innsbruck.
März 1848... und was er brachte
Das Jahr 1848 nimmt einen mythischen Platz in der europäischen Geschichte ein. Die Hotspots waren zwar nicht im abgeschiedenen Tirol, sondern in den großen Metropolen wie Paris, Wien, Budapest, Mailand oder Berlin zu finden, auch im Heiligen Land hinterließ das Revolutionsjahr aber kräftige Spuren. Im Gegensatz zum bäuerlich geprägten Umland hatte sich in Innsbruck ein aufgeklärtes Bildungsbürgertum entwickelt. Aufgeklärte Menschen wollten keine Untertanen eines Monarchen oder Landesfürsten mehr sein, sondern Bürger mit Rechten und Pflichten gegenüber einem Staat. Studenten und Freiberufler forderten politische Mitsprache, Pressefreiheit und Bürgerrechte. Arbeiter verlangten nach besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen. Die Allmacht der Kirche wurde in Frage gestellt.
Im März 1848 entlud sich in vielen Städten Europas dieses sozial und politisch hochexplosive Gemisch in Aufständen. In Innsbruck feierten Studenten und Professoren die neu erlassene Pressefreiheit mit einem Fackelzug. Im Großen und Ganzen ging die Revolution im gemächlichen Tirol aber ruhig vonstatten. Von einem spontanen Ausbruch der Emotionen zu sprechen wäre verwegen, der Termin des Zuges wurde wegen Schlechtwetter vom 20. auf den 21. März verschoben. Es kam kaum zu antihabsburgischen Ausschreitungen oder Übergriffen, ein verirrter Stein in ein Fenster der Jesuiten war einer der Höhepunkte der alpinen Variante der Revolution von 1848. Die Studenten unterstützten das Stadtmagistrat sogar dabei, die öffentliche Ordnung zu überwachen, um so dem Monarchen ihre Dankbarkeit für die neu gewährten Freiheiten und ihre Treue zu zeigen.
Die anfängliche Begeisterung für bürgerliche Errungenschaften wurde in Innsbruck schnell von deutschnationalem, patriotischen Rausch abgelöst. Am 6. April 1848 wurde vom Gubernator Tirols die deutsche Fahne während eines feierlichen Umzugs geschwungen. Auch auf dem Stadtturm wurde eine deutsche Tricolore gehisst. Während sich Studenten, Arbeiter, liberal-nationalistisch gesinnte Bürger, Republikaner, Anhänger einer konstitutionellen Monarchie und katholische Konservative bei gesellschaftlichen Themen wie der Pressefreiheit nicht einig wurden, teilte man die Abneigung gegen die italienische Unabhängigkeitsbewegung, die von Piemont und Mailand ausgehend Norditalien erfasst hatte. Innsbrucker Studenten und Schützen zogen mit Unterstützung der k.k. Armeeführung ins Trentino, um die Unruhen und Aufstände im Keim zu ersticken. Bekannte Mitglieder dieses Korps waren der bereits in die Jahre gekommene Pater Haspinger, der bereits mit Andreas Hofer 1809 zu Felde zog, und Adolf Pichler.
Auch die Stadt Innsbruck als politisches und wirtschaftliches Zentrum des multinationalen Kronlandes Tirol und Heimat vieler Italienischsprachiger wurde zur Arena dieses Nationalitätenkonflikts. In Kombination mit reichlich Alkohol bereiteten anti-italienische Gefühle in Innsbruck mehr Gefahr für die öffentliche Ordnung als die nach bürgerlichen Freiheiten. Ein Streit zwischen einem deutschsprachigen Handwerker und einem italienischsprachigen Ladiner schaukelte sich dermaßen auf, dass es beinahe zu einem Pogrom gegenüber den zahlreichen Betrieben und Gaststätten von italienischsprachigen Tirolern gekommen wäre.
Die relative Beschaulichkeit Innsbrucks kam dem unter Druck stehenden Kaiserhaus recht. Als es in Wien auch nach dem März nicht aufhörte zu brodeln, floh Kaiser Ferdinand im Mai nach Tirol. Folgt man den Presseberichten aus dieser Zeit, wurde er von der Bevölkerung begeistert empfangen.
"Wie heißt das Land, dem solche Ehre zu Theil wird, wer ist das Volk, das ein solches Vertrauen genießt in dieser verhängnißvollen Zeit? Stützt sich die Ruhe und Sicherheit hier bloß auf die Sage aus alter Zeit, oder liegt auch in der Gegenwart ein Grund, auf dem man bauen kann, den der Wind nicht weg bläst, und der Sturm nicht erschüttert? Dieses Alipenland heißt Tirol, gefällts dir wohl? Ja, das tirolische Volk allein bewährt in der Mitte des aufgewühlten Europa die Ehrfurcht und Treue, den Muth und die Kraft für sein angestammtes Regentenhaus, während ringsum Auflehnung, Widerspruch. Trotz und Forderung, häufig sogar Aufruhr und Umsturz toben; Tirol allein hält fest ohne Wanken an Sitte und Gehorsam, auf Religion, Wahrheit und Recht, während anderwärts die Frechheit und Lüge, der Wahnsinn und die Leidenschaften herrschen anstatt folgen wollen. Und während im großen Kaiserreiche sich die Bande überall lockern, oder gar zu lösen drohen; wo die Willkühr, von den Begierden getrieben, Gesetze umstürzt, offenen Aufruhr predigt, täglich mit neuen Forderungen losgeht; eigenmächtig ephemere- wie das Wetter wechselnde Einrichtungen schafft; während Wien, die alte sonst so friedliche Kaiserstadt, sich von der erhitzten Phantasie der Jugend lenken und gängeln läßt, und die Räthe des Reichs auf eine schmähliche Weise behandelt, nach Laune beliebig, und mit jakobinischer Anmaßung, über alle Provinzen verfügend, absetzt und anstellt, ja sogar ohne Ehrfurcht, den Kaiser mit Sturm-Petitionen verfolgt; während jetzt von allen Seiten her Deputationen mit Ergebenheits-Addressen mit Bittgesuchen und Loyalitätsversicherungen dem Kaiser nach Innsbruck folgen, steht Tirol ganz ruhig, gleich einer stillen Insel, mitten im brausenden Meeressturme, und des kleinen Völkchens treue Brust bildet, wie seine Berge und Felsen, eine feste Mauer in Gesetz und Ordnung, für den Kaiser und das Vaterland."
Im Juni stieg auch Franz Josef am Rückweg von den Schlachtfeldern Norditaliens in der Hofburg vorbei anstatt direkt nach Wien zu reisen. Innsbruck war wieder Residenzstadt, wenn auch nur für einen Sommer.
Im selben Jahr übergab Ferdinand den Thron Franz Josef I. Im Juli 1848 kam es in Wien in der Hofreitschule zur Abhaltung einer ersten parlamentarischen Sitzung. Eine erste Verfassung wurde in Kraft gesetzt. Der Reformwille der Monarchie flachte aber schnell wieder ab. Das neue Parlament war ein Reichsrat, es konnte keine bindenden Gesetze erlassen, der Kaiser besuchte es Zeit seines Lebens nie und verstand auch nicht, warum die Donaumonarchie als von Gott eingesetzt diesen Rat benötigt.
Die zart in Gang gesetzte Liberalisierung nahm in den Städten trotzdem ihren Lauf. Innsbruck erhielt den Status einer Stadt mit eigenem Statut. Das Innsbrucker Gemeinderecht sah ein Bürgerrecht vor, das zwar an Besitz oder die Abgabe von Steuern gebunden war, jedoch den Angehörigen der Gemeinde gewisse Rechte gesetzlich zusicherte. Das Heimatrecht konnte durch Geburt, Verehelichung oder außerordentlicher Verleihung erworben werden und verlieh zumindest den männlichen Volljährigen das Wahlrecht auf kommunaler Ebene. Geriet man in finanzielle Notlage, so hatte man das Anrecht auf eine Grundversorgung durch die Stadt.
Am 2. Juni 1848 erschien die erste Ausgabe der liberal und großdeutsch gesinnten Innsbrucker Zeitung, der obiger Artikel zur Ankunft des Kaisers in Innsbruck entnommen ist. Die zuvor abgeschaffte Zensur wurde in Teilen wieder eingeführt. Herausgeber von Zeitungen mussten einigen Schikanen der Obrigkeit unterziehen. Zeitungen durften nicht gegen Landesregierung, Monarchie oder Kirche schreiben.
"Wer durch Druckschriften andere zu Handlungen auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, durch welche die gewaltsame Losreißung eines Theiles von dem einheitlichen Staatsverbande... des Kaiserthums Österreich bewirkt... oder der allgemeine öster. Reichstag oder die Landtage der einzelnen Kronländer... gewalttätig stört... wird mit schwerem Kerker von zwei bis zehn Jahren Haft bestraft."
Nachdem Innsbruck 1849 Meran auch offiziell als Landeshauptstadt abgelöste hatte und somit auch endgültig zum politischen Zentrum Tirols geworden war, bildeten sich Parteien. Ab 1868 stellte die liberal und großdeutsch orientierte Partei den Bürgermeister der Stadt Innsbruck. Der Einfluss der Kirche nahm in Innsbruck im Gegensatz zu den Umlandgemeinden ab. Individualismus, Kapitalismus, Nationalismus und Konsum sprangen in die Bresche. Neue Arbeitswelten, Kaufhäuser, Theater, Cafés und Tanzlokale verdrängten Religion zwar auch in der Stadt nicht, die Gewichtung wurde durch die 1848 errungenen bürgerlichen Freiheiten aber eine andere.
Die vielleicht wichtigste Gesetzesänderung war das Grundentlastungspatent. In Innsbruck hielt der Klerus, vor allem das Stift Wilten, einen großen Teil des bäuerlichen Grundbesitzes. Kirche und Adel waren nicht steuerpflichtig. 1848/49 wurden in Österreich Grundherrschaft und Untertänigkeitsverhältnis aufgehoben. Abgelöst wurden damit Grundzinsen, Zehent und Robot. Die Grundherren erhielten im Rahmen der Grundentlastung ein Drittel des Wertes ihrer Ländereien vom Staat, ein Drittel wurde als Steuererleichterung gewertet, ein Drittel der Ablöse mussten die Bauern selbst übernehmen. Die Bauern konnten diesen Betrag in Raten innert zwanzig Jahren abzahlen.
Die Nachwirkungen sind bis heute zu spüren. Die Nachkommen der damals erfolgreichen Bauern genießen durch den geerbten Landbesitz, der auf die Grundentlastung 1848 zurückzuführen ist, die Früchte des Wohlstandes und auch politischen Einfluss durch Grundstücksverkäufe für Wohnbau, Pachten und Ablösen der öffentlichen Hand für Infrastrukturprojekte. Die grundbesitzenden Adeligen von einst mussten sich mit der Schmach abfinden, bürgerlicher Arbeit nachzugehen. Der Übergang vom Geburtsrecht zum privilegierten Status innerhalb der Gesellschaft dank finanzieller Mittel, Netzwerken und Ausbildung gelang häufig. Viele Innsbrucker Akademikerdynastien nahmen ihren Ausgang in den Jahrzehnten nach 1848.
Das bis dato unbekannte Phänomen der Freizeit kam, wenn auch für den größten Teil nur spärlich, auf und begünstigte gemeinsam mit frei verfügbarem Einkommen einer größeren Anzahl an Menschen Hobbies. Zivile Organisationen und Vereine, vom Lesezirkel über Sängerbünde, Feuerwehren und Sportvereine, gründeten sich. Auch im Stadtbild manifestierte sich das Revolutionsjahr. Parks wie der Englische Garten beim Schloss Ambras waren nicht mehr exklusiv der Aristokratie vorbehalten, sondern dienten den Bürgern als Naherholungsgebiete vom beengten Dasein. In St. Nikolaus entstand an der Stelle der Floßanlegestelle am Inn der Waltherpark.