Claudiana – Altes Regierungsgebäude

Herzog-Friedrich-Straße 3

Gegenüber dem Gasthof Goldener Adler befindet sich das Alte Regierungsgebäude, das seit 1569 den Tirolern als Gerichts- und Verwaltungsgebäude sowie als Landhaus diente. Erzherzog Ferdinand hatte es als Zerrenmantelhaus gekauft und als Basis für seine Regierungsgeschäfte umfunktioniert. Ferdinand war als Renaissancefürst von einer Demokratie im heutigen Sinn weit entfernt, nach dem Aufstand von 1525 und den Wirren der Zeit nach Maximilian I. war er aber durchaus darauf bedacht, sich in Regierungsgeschäften beraten zu lassen. Die Tiroler Landesfürsten nach Maximilian hatten ein schweres Erbe übernommen. Claudia de Medici, die einflussreiche Landesfürstin, die nach dem Tod ihres Gatten Leopold V. die Geschicke Tirols gemeinsam mit der Regierung unter Kanzler Biener leitete, ließ das Gebäude 1645 umbauen und um den prächtigen Claudiasaal erweitern, der noch heute das Wappen der florentinischen Familie der Medici trägt. Wie einflussreich und mächtig die Tiroler Landstände waren, sollte Kanzler Biener nach dem Tod Claudias merken. Er wurde wegen seines rigorosen Vorgehens im Sinne eines starken Landesfürsten und gegen die Korruption des Adels als lästig empfunden und nach einem kurzen Schauprozess 1651 kurzerhand hingerichtet. Nach dem Erdbeben, das Innsbruck 1689 erschütterte, wurde das nun als Claudiana bekannte Gebäude zwar an der Fassade durch Johann Marting Gumpp im Barockstil renoviert, die gotische Innenausstattung der Räume blieb aber erhalten. 1732 erfolgte die Erneuerung der Fassade zur Innseite hin, die nun sehr einfach und schlicht gehalten ist. Der prächtigste der Säle, den Claudia de Medici ausbauen ließ, mit seiner wunderschönen Holzdecke ist leider nur bei Veranstaltungen der Universität Innsbruck zugänglich.

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Leopold V. & Claudia de Medici: Glanz und Gloria in Innsbruck

Als Maximilian III. von Österreich kinderlos starb, brauchte es einen Ersatz als Statthalter Tirols. Leopold (1586 – 1632), im Jahr 1618 noch Bischof von Passau, wurde auserkoren, um die Regierungsgeschäfte im reichen Tirol zu führen. 1625 verzichtete der nunmehr zum Herzog erhobene Leopold V. auf seine kirchlichen Würden um heiraten und eine neue Tiroler Linie des Hauses Habsburg gründen zu können. Als Braut wurde Claudia de Medici (1604 – 1648) vom mächtigen und reichen Fürstengeschlecht aus der Toskana auserkoren. Die Medici hatten mit Baumwoll- und Textilhandel, vor allem aber mit Finanzgeschäften, im Florenz des späten Mittelalters ein Vermögen verdient und waren zu politischer Macht gekommen. Anders als die Fugger, die im 15. Jahrhundert einen ähnlichen Werdegang nördlich der Alpen hinlegten, übten sie nicht nur indirekt politischen Einfluss aus. Cosimo I. (1519 – 1574) konnte 1537 für seine Dynastie die erbliche Herzogswürde erringen und den Aufstieg in die europäische Hocharistokratie ebnen. Unter den Medici war Florenz das kulturelle Zentrum Europas geworden. Botticelli, Leonardo da Vinci und Michelangelo waren die Speerspitzen der Renaissance, die von der Toskana ausging. Machiavelli revolutionierte mit seinen Schriften das politische Denken. Die Basilika, die Boboli Gärten und der Palazzo Pitti entstanden unter den Medici. Das Hochzeitsfest zwischen Leopold und Claudia soll eines der prächtigsten Feste in der Geschichte der Stadt gewesen sein und zwei Wochen lang die Stadt Innsbruck in Atem halten haben. „Bären, Türken und Mohren“ sollen Hochzeitsgesellschaft und Bevölkerung in Staunen versetzt haben. Weniger prächtig war die Regierungszeit Leopolds, die von den Wirren des Dreißigjährigen Krieges geprägt war. In der heutigen Schweiz kämpften mehrere Mächte um Graubünden und die wichtigen Alpenpässe, die durch diese Region führten. 1632 bedrohten die für ihre Brutalität berüchtigten Schweden die Tiroler Landesgrenzen, konnten aber abgewehrt werden. Trotz der hohen Ausgaben für die Grenzsicherung trieb Leopold das kulturelle Leben in der Residenzstadt Innsbruck voran. Er ließ das Ballhaus Dogana, das heutige Kongresszentrum, errichten. Bereits in Passau ließ er ein Jesuitenkloster installieren und ein Gymnasium gründen. In Innsbruck wurde unter Leopold mit dem Bau der Jesuitenkirche begonnen und so die Mission Ferdinands I. vorangetrieben. Am Platz vor dem Tiroler Landestheater erinnert ein Brunnen an diesen wichtigen Tiroler Landesfürsten des 17. Jahrhunderts. Claudia de Medici war in zweiter Ehe mit Leopold V. verheiratet. Die gebildete Renaissancefürstin galt als überaus intelligent und fähig, was sie nach dem frühen Tod ihres Gatten ab 1632 unter Beweis stellen durfte. Claudia schaffte es als Landesfürstin über geschickte Politik und den Ausbau der Tiroler Landesverteidigungsanlagen gemeinsam mit ihrem Kanzler Wilhelm Bienner auch nach dem Tod Leopolds den Dreißigjährigen Krieg mehr oder minder von Tirol fernzuhalten. Bei Scharnitz an der heutigen deutschen Grenze wurden Verteidigungsanlagen errichtet und nach der Primadonna Tirols Porta Claudia genannt. Überreste davon sind noch heute zu besichtigen. Dafür machten sich die beiden bei den Tiroler Ständevertretern nicht unbedingt beliebt. Der gebürtige Schwabe Biener, der mit einer rigiden Sparpolitik die Landesfinanzen sanierte, wurde nach dem Tod Claudia de Medicis 1648 von den Tiroler Landständen gefangengenommen und nach einem Schauprozess enthauptet. Kulturell bereicherte die Florentinerin die Landeshauptstadt sehr. Nicht nur war sie eine Förderin von Theater und Musik, auch die Manieren, die sie aus Italien mitbrachte, veränderten den Hofstaat. Florenz war seit Jahrhunderten nicht nur eine der reichsten Städte, die Mode des Hofstaats der Medici war, auch wenn ihre Blütezeit vorüber war, noch immer stilgebend für ganz Europa. Ein Hauch Florenz und Medici prägt Innsbruck bis heute: Sowohl in der Jesuitenkirche als auch in der Pfarrkirche Mariahilf prangt bis heute das Wappen ihrer Familie mit den auffallenden roten Kugeln und den Lilien. 

Tiroler Demokratie und das Herz Jesu

Tiroler sehen sich bis heute oft als eigene Nation. Mit „Tirol isch lei oans“, „Zu Mantua in Banden“ und „Dem Land Tirol die Treue“ besitzt es gleich drei mehr oder weniger offizielle Hymnen. Diese Einstellung hat wie viele lokale Identitäten historische Gründe. Tirol nahm innerhalb des Habsburgerreichs lange Zeit eine gesonderte Position ein. Gerne wird von der ersten Demokratie Festlandeuropas gesprochen, was wohl eine maßlose Übertreibung ist, sieht man sich die feudale und von Hierarchien geprägte Geschichte des Landes bis weit ins 19. Jahrhundert an. Eine gewisse Eigenheit in der Entwicklung kann man dem Land, folgt man der von den Landständen mitgeprägten Politik und den Urkunden, trotzdem nicht absprechen. Nach der Hochzeit des Bayern Ludwigs von Wittelsbach mit der Tiroler Landesfürstin Margarete von Tirol-Görz waren die bayrischen Wittelsbacher für kurze Zeit nach den Grafen von Andechs erneut Landesherren von Tirol. Um die Tiroler Bevölkerung für sich zu gewinnen, beschloss Ludwig den Landständen, also den Sprechern der Tiroler Bevölkerung, im 14. Jahrhundert ein Zuckerl anzubieten. Im "Großen Freiheitsbrief" von 1342 versprach Ludwig den Tirolern keine Gesetze oder Steuererhöhungen zu erlassen, ohne sich nicht vorher mit ihnen zu besprechen. Dieser Große Freiheitsbrief wurde fortan von den Vertretern der Tiroler Bevölkerung bei allen Forderungen der Herrschenden und Fürsten gegenüber dem Land ins Feld geführt. Von einer demokratischen Verfassung kann allerdings keine Rede sein, waren diese Landleute doch vor allem die hohe Geistlichkeit und der lokale Adel, die über Mittel und Besitz verfügten. Als im 15. Jahrhundert Städte und Bürgertum langsam wichtiger wurden, entwickelte sich ein Gegengewicht zum Adel. Beim Landtag von 1423 unter Friedrich IV. trafen erstmals 18 Mitglieder des Adels auf 18 Mitglieder der Städte und der Bauernschaft. Nach und nach entwickelte sich in den Landtagen des 15. und 16. Jahrhundert eine feste Zusammensetzung. Vertreten waren die Tiroler Bischöfe von Brixen und Trient, die Äbte der Tiroler Klöster, die Adligen, Vertreter der Städte und der Bauernschaft. Den Vorsitz hatte der Landeshauptmann. Natürlich waren die Beschlüsse und Wünsche des Landtags für den Fürsten nicht bindend, allerdings war es für den Regenten wohl ein beruhigendes Gefühl, wenn er die Vertreter der Bevölkerung auf seiner Seite wusste oder schwere Entscheidungen mitgetragen wurden. Eine weitere sehr wichtige Urkunde für das Land ist das Tiroler Landlibell. Maximilian (83) gestand darin den Tirolern im Jahr 1511 in einer Art Verfassung zu. Soldaten sollten nur für den Kriegsdienst zur Verteidigung des eigenen Landes herangezogen werden dürfen. Betrachtet man die kriegerischen Zeiten und was es für die Bauern bedeutete, in den Krieg ziehen zu müssen, anstatt zu Hause die Felder bewirtschaften zu können, erkennt man schnell den Vorteil, den es den Tiroler brachte. Der Grund für Maximilians Großzügigkeit war weniger seine Liebe zu den Tirolern als die Notwendigkeit die Tiroler Bergwerke am Laufen zu halten, anstatt die kostbaren Arbeiter am Schlachtfeld zu verheizen. Dieses Sonderrecht der Tiroler war einer der Gründe für den Aufstand gegen die französischen Truppen im napoleonischen Krieg, als junge Tiroler bei der Mobilisierung der Streitkräfte im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht ausgehoben wurden. 

Auf diese eigenständige politische Landesgeschichte stützt sich der historische Tiroler Nationalismus, der seine höchste Vollendung bis heute in Bonmots wie „bisch a Tiroler bisch a Mensch, bisch koana, bisch a Oasch“ feiert. Das Zugehörigkeitsgefühl vieler Untertanen galt dem Land Tirol, weniger dem Haus Habsburg (77). Je stärker die Zentralisierung seit Maria Theresia (97) voranschritt, desto mehr war man in Wien darauf erpicht, Sonderfälle in den historischen Ländern wie Tirol, Kärnten und der Steiermark zu bändigen. Innsbruck und Tirol allerdings stellten so etwas wie den exotischen Wilden Westen des Reiches dar, der zusätzlich von den Alpen geschützt wurde. Im 19. Jahrhundert wollte man die Identifikation mit der Monarchie stärken. Presseberichte, Besuche der Herrscherfamilie, Denkmäler wie der Rudolfsbrunnen oder die Eröffnung des Berg Isels mit Hofer als kaisertreuem Tiroler sollten dabei helfen, die Bevölkerung in kaisertreue Untertanen zu verwandeln. Als nach dem Ersten Weltkrieg das Habsburgerreich zusammenbrach, zerbrach auch das Kronland Tirol. Das, was man bis 1918 als Südtirol bezeichnete, der italienischsprachige Landesteil zwischen Riva am Gardasee und Salurn im Etschtal, wurde zum Trentino mit der Hauptstadt Trient. Der deutschsprachige Landesteil zwischen Neumarkt und dem Brenner ist heute Südtirol / Alto Adige, eine autonome Region der Republik Italien mit der Hauptstadt Bozen. Der Teil des historischen Tirols nördlich des Brenners mit der Hauptstadt Innsbruck ist gemeinsam mit dem Landesteil Osttirol ein Bundesland der Republik Österreich. Für viele Tiroler stellt der Brenner aber auch nach über 100 Jahren noch immer eine Unrechtsgrenze dar, auch wenn man im Europa der Regionen auf EU-Ebene politisch stark zusammenarbeitet. Im Tiroler Teil nördlich des Brenners gab es, wie auch in anderen Kronländern nach dem verlorenen Weltkrieg, die Intention sich von der neu konstituierten Republik Deutschösterreich zu lösen. Der kleine Rumpfteil des verschwundenen Habsburgerreiches mit der überdimensionierten Hauptstadt Wien wurde vom Großteil der Menschen als nicht überlebensfähig gesehen. Bei einer Volksbefragung stimmten 99% der Tiroler für einen Anschluss an Deutschland. Erst nach dem 2. Weltkrieg begann sich in Tirol ein Zugehörigkeitsgefühl zu Österreich zu entwickeln. Innsbrucker fühlten sich durch die Jahrhunderte hindurch als Innsbrucker, Tiroler, Deutsche, Katholiken, Untertanen des Kaisers. Als Österreicher aber fühlte sich vor 1945 kaum jemand. Bis heute sind viele Tiroler stolz auf ihre lokale Identität und grenzen sich gerne von den Bewohnern anderer Bundesländer oder fremden Nationen ab. Die Legende von Tirol als Heiligem Land, eigener unabhängiger Nation und erster Demokratie außerhalb Englands hält sich bis heute. Dabei vergessen viele in ihrem Nationalstolz, dass Tirol keineswegs ein deutsches Land war. Mit Deutsch, Italienisch, Ladinisch waren allein in Tirol drei Sprachgruppen vertreten. Dazu kamen kleine Gruppen wie das Zimbrische und Rätoromanisch.

Die Baumeister Gumpp und die Barockisierung Innsbrucks

Die Familie Gumpp bestimmt bis heute sehr stark das Aussehen Innsbrucks. Vor allem die barocken Teile der Stadt sind auf die Hofbaumeister zurückzuführen. Der Begründer der Dynastie in Tirol, Christoph Gumpp (1600-1672) war eigentlich Tischler. Die Gumpps waren aus dem Schwabenland nach Tirol gekommen. Gumpp war eigentlich Tischler, sein Talent allerdings hatte ihn für höhere Weihen auserkoren. Den Beruf des Architekten gab es zu dieser Zeit noch nicht. Michelangelo und Leonardo Da Vinci galten in ihrer Zeit als Handwerker, nicht als Künstler. Christoph Gumpp trat in die Fußstapfen der von Ferdinand II. hochgeschätzten Renaissance-Architekten aus Italien. Gumpps Tätigkeit als Hofbaumeister begann 1633 und er sollte diesen Titel an die nächsten beiden Generationen weitervererben. Über die folgenden Jahrzehnte sollte Innsbruck einer kompletten Renovierung unterzogen werden. Neue Zeiten bedurften eines neuen Designs, abseits des düsteren, von der Gotik geprägten Mittelalters. Die Gumpps traten nicht nur als Baumeister in Erscheinung. Sie waren Tischler, Maler, Kupferstecher und Architekten, was ihnen erlaubte, ähnlich der Bewegung der Tiroler Moderne rund um Franz Baumann und Clemens Holzmeister Anfang des 20. Jahrhunderts, Projekte ganzheitlich umzusetzen. Johann Martin Gumpp der Ältere, Georg Anton Gumpp und Johann Martin Gumpp der Jüngere waren für viele der bis heute prägendsten Gebäude zuständig. So stammen die Wiltener Stiftskirche, die Mariahilfkirche, die Johanneskirche und die Spitalskirche von den Gumpps.  Neben Kirchen und ihrer Arbeit als Hofbaumeister machten sie sich auch als Planer von Profanbauten einen Namen. Viele der Bürgerhäuser und Stadtpaläste Innsbrucks wie das Taxispalais oder das Alte Landhaus in der Maria-Theresien-Straße wurden von Ihnen entworfen. Das Meisterstück aber war das Comedihaus, das Christoph Gumpp für Leopold V. und Claudia de Medici im ehemaligen Ballhaus plante. Die überdimensionierten Maße des damals richtungsweisenden Theaters, das in Europa zu den ersten seiner Art überhaupt gehörte, erlaubte nicht nur die Aufführung von Theaterstücken, sondern auch Wasserspiele mit echten Schiffen und aufwändige Pferdeballettaufführungen. Das Comedihaus war ein Gesamtkunstwerk an und für sich, das in seiner damaligen Bedeutung wohl mit dem Festspielhaus in Bayreuth des 19. Jahrhunderts oder der Elbphilharmonie heute verglichen werden muss. Das ehemalige Wohnhaus der Familie Gumpp kann heute noch begutachtet werden, es beherbergt heute die Konditorei Munding, eines der traditionsreichsten Cafés der Stadt.

Innsbruck und das Haus Habsburg

Über 700 Jahre prägten die Habsburger Europa. Innsbruck war durch die Jahrhunderte immer wieder Schicksalsort dieser Herrscherdynastie. Ausgehend vom mittelalterlichen Herzogtum Österreich waren sie am Zenit ihrer Macht Herren über ein „Reich, in dem die Sonne nie untergeht“. Durch Kriege und geschickte Heirats- und Machtpolitik saßen sie in verschiedenen Epochen an den Schalthebeln der Macht zwischen Spanien im Westen und der Ukraine im Osten Europas. Über Jahrhunderte waren die Habsburger Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Dabei darf man sich die Habsburger nicht, wie dies oft aus der Perspektive des modernen Nationalstaats getan wird, als die Herren Österreichs vorstellen. Die Habsburger waren über viele Jahrhunderte ein europäisches Herrscherhaus, zu deren Einflussbereich verschiedenste Territorien gehörten. Der Landstrich der heute als Österreich bekannt ist, war für lange Zeit so etwas wie die Keimzelle ihrer Macht. Der erste bedeutende Habsburger Rudolf I. (1218 – 1291) hatte seine Stammburg, die Habsburg, im heutigen Aargau und beherrschte eine Grafschaft im heutigen Südwesten Deutschlands und der Schweiz. Erst nach gewonnener Auseinandersetzung mit Ottokar von Böhmen errang er die Herzogtümer Österreich und Steiermark. Manche der Landesherren, zum Beispiel Karl V. oder Ferdinand I., hatten weder eine besondere Beziehung zu Österreich noch brachten sie diesem deutschen Land besondere Zuneigung entgegen. Ferdinand wurde am spanischen Hof erzogen. Maximilians Enkel Karl V. war in Burgund aufgewachsen. Als er mit 17 Jahren zum ersten Mal spanischen Boden betrat, um das Erbe seiner Mutter Johanna über die Reiche Kastilien und Aragorn anzutreten, Spanien existierte damals als Land ebenso wenig wie Österreich, Deutschland oder Italien, konnte er kein Wort spanisch. Als er 1519 zum Deutschen Kaiser gewählt wurde, sprach er kein Wort Deutsch. Trotzdem waren beide Landesherren von Tirol und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Herrscher arbeiteten nicht für ihr Land, sie waren darum bemüht den Besitz und Einflussbereich ihrer Dynastie zu stärken. Es gab keine Bürger mit Reisepass und Rechten, sondern Untertanen, die ihrem jeweiligen Landesherrn zu Treue verpflichtet waren.

Die Grafschaft Tirol kam 1363 unter Rudolf IV. (76) zum Herrschaftsgebiet der Habsburger. Es wurde samt seinen Untertanen vertraglich und nüchtern vererbt. Kaiser Maximilian I. (83) konnte durch Kriege und seine legendäre Heiratspolitik mit etwas Geschick und noch mehr Glück aus dem Herrscherhaus Habsburg eines der größten Reiche der Weltgeschichte machen. Die Casa de Austria hatte durch die Spanische Krone im 16. und 17. Jahrhundert auch Ländereien in Amerika in ihren Einflussbereich. Habsburgs Kinder wurden zu jeder Zeit vom 13. bis zum 20. Jahrhundert in königlicher Strenge dazu erzogen, politisch verheiratet zu werden. Widerspruch dagegen gab es keinen. Man mag sich das höfische Leben als prunkvoll vorstellen, Privatsphäre war in all dem Luxus nicht vorgesehen. Das Leben des Einzelnen galt nichts, man musste seine Pflicht gegenüber der Dynastie erfüllen. Jeder einzelne war ein politisches Gut, das man bestmöglich im Sinne der Macht verkaufen musste. Minderjährige wurden an fremde Höfe verheiratet und mussten sich in fremden Kulturen zurechtfinden. Sie erhielten je nach Epoche eine gediegene Ausbildung, allerdings nicht um einen Beruf auszuführen, sondern nur um Regierungsgeschäfte zu führen. Viele Habsburger waren höchst gebildete Zeitgenossen und durchaus reflektiert. Teilweise waren sie Opfer der dynastischen Verbindung, traten im Laufe Jahrhunderte durch Heirat innerhalb der eigenen Verwandtschaft die Zeichen des Inzests in Aussehen, Psyche und Intelligenz doch verstärkt zum Vorschein. Die seit Rudolf typische Unterlippe und die markante Nase waren die harmlosen Zeichen der innerfamiliären Hochzeiten, schwerwiegender waren Behinderungen und Fehlgeburten. Quer über den Globus bis nach Brasilien und Mexiko reichten die Eheverbindungen. Welche Auswirkungen diese strenge Erziehung und die Zwangsverheiratung hatte, lässt sich am Beispiel Rudolfs sehen, der sich gemeinsam mit seiner Geliebten das Leben nahm. Die bedeutendste politische Habsburgerin Maria Theresia (1717 – 1780) und ihre politisch klugen Berater verwandelten im 18. Jahrhundert, ganz im Geiste der Zeit die Komposition aus einzelnen Ländern und verstreuten Territorien unter der Krone der Habsburger langsam in etwas, das einem modernen Flächenstaat nahekam. Ihr Sohn Josef II. probierte das Reich im Geiste der Aufklärung zu reformieren, scheiterte aber am Unwillen großer Teile der Bevölkerung, seinem eigenen nüchternen Charisma und seinem frühen Tod. Franz Josef I. (1830 – 1916) herrschte zwischen 1848 und 1916 über ein multiethnisches Vielvölkerreich. Zu diesem Zeitpunkt war das neoabsolutistisch regierte Kaiserreich etwas aus der Mode gefallen. Österreich hatte seit 1867 zwar ein Parlament und eine Verfassung, der Kaiser betrachtete diese Regierung allerdings als „seine“. Minister waren dem Kaiser gegenüber verantwortlich, der über der Regierung stand. Im Nationalismus des 19. Jahrhunderts und dem 1. Weltkrieg zerbrach das Reich, das in wechselhafter Zusammensetzung unter der Herrschaft dieser Dynastie über Jahrhunderte hinweg die Geschicke vieler Generationen geprägt hatte. Am 28. Oktober wurde die Republik Tschechoslowakei ausgerufen, am 29. Oktober verabschiedeten sich Kroaten, Slowenen und Serben aus der Monarchie um den SHS-Staat, den Vorgänger Jugoslawiens auszurufen. Der letzte Kaiser Karl dankte am 11. November ab.  Am 12. November erklärte sich „Deutschösterreich zur demokratischen Republik, in der alle Gewalt vom Volke ausgeht“.

Ein Teil dieses ständig sich verändernden Habsburgerreichs war seit 1363 die Stadt Innsbruck. Durch die strategische Lage zwischen den italienischen Städten wie Venedig, Florenz und Mailand und deutschen Zentren wie Augsburg und Regensburg kam Innsbruck spätestens nach der Erhebung zur Residenzstadt unter Kaiser Maximilian ein besonderer Platz im Reich zu. Besonders zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert hinterließen Kaiser, Könige- und Königinnen sowie die Tiroler Landesfürsten ihre Spuren in der Stadt. Als konservatives Land war Tirol immer wieder Rückzugsort während turbulenter Zeiten. Tirol war Provinz und wildes Land, jedoch auch ein Rückzugsort vom „Wilden Osten“. Karl V. (1500 – 1558) floh während einer Auseinandersetzung mit dem protestantischen Schmalkaldischen Bund für einige Zeit nach Innsbruck. Ferdinand I. (1793 – 1875) ließ seine Familie fern der osmanischen Bedrohung im Osten Österreichs in Innsbruck verweilen. Mit dem kinderlosen Tod Erzherzog Sigmund Franz´ endete 1665 die Tiroler Linie der Habsburger. Innsbruck war keine Residenz mehr, beherbergte aber immer noch Universität und Landesbehörden und konnte sich so einen Teil seiner Bedeutung innerhalb des Habsburgerreichs erhalten. Kaiser Franz Stephan von Lothringen, der Gatte Maria Theresias, verstarb während der Hochzeitsfeierlichkeiten seines Sohnes in der Stadt. Kaiser Ferdinand brachte sich 1848 während der Revolution (100) in Wien in Innsbruck in Sicherheit. In der K.u.K. Monarchie des 19. Jahrhunderts war Innsbruck der westliche Außenposten eines Riesenreiches, das sich bis in die heutige Ukraine erstreckte und eine Vielzahl von Nationalitäten umfasste. Oft wurde und wird das späte Habsburgerreich despektierlich als Völkerkerker bezeichnet. Bei allen nationalen, wirtschaftlichen und demokratiepolitischen Problemen, die es in den Vielvölkerstaaten gab, die in verschiedenen Kompositionen und Ausprägungen den Habsburgern unterstanden, die Nationalstaaten, die nachfolgten, schafften es teilweise wesentlich schlechter die Interessen von Minderheiten und kulturellen Unterschiede innerhalb ihres Territoriums unter einen Hut zu bringen. Seit der EU-Osterweiterung wird die Habsburgermonarchie von einigen wohlmeinenden Historikern als ein vormoderner Vorgänger der Europäischen Union gesehen. Gemeinsam mit der katholischen Kirche prägten die Habsburger den öffentlichen Raum über Architektur, Kunst und Kultur. Goldenes Dachl, Hofburg, die Triumphpforte, der Leopoldsbrunnen und viele weitere Bauwerke erinnern bis heute an die Präsenz dieser europäischen Herrscherfamilie in Innsbruck, die mehr als fünf Jahrhunderte überdauerte.

Ferdinand II.: Renaissance, Glanz und Glamour

Erzherzog Ferdinand II. von Österreich (1529 – 1595) zählt zu den schillerndsten Figuren der Tiroler Landesgeschichte. Er wuchs am spanischen Hof seines Onkels, Kaiser Karl V., auf, um als Kosmopolit für zukünftige für die Habsburger Regierungsgeschäfte fit zu sein. Das Haus Habsburg herrschte im 16. Jahrhundert dank der klugen und glücklich verlaufenen Heiratspolitik Maximilians über das Spanische Reich ebenso wie die österreichischen Erblande. Da Spanien im neu von Europa entdeckten Amerika Kolonien betrieb, galt das Imperium Habsburg als Reich, in dem die Sonne nie untergeht. Tirol zählte zu den wichtigsten Ländern des Habsburgerreiches. Einen Teil seiner Jugend verbrachte er am Hof in Innsbruck, auch der war aber spanisch geprägt zu dieser Zeit. Sein Vater Kaiser Ferdinand I. ließ seinem Sohn eine ausgezeichnete Ausbildung angedeihen, die sich später in seinem kunstsinnigen Wesen äußern sollte. In jungen Jahren war er durch Italien und Burgund gereist, und hatte an den wohlhabenden Höfen dort einen Lebensstil kennengelernt, der sich unter der deutschen Aristokratie noch nicht durchgesetzt hatte. Ferdinand hatte Tirol als Landesfürst in turbulenten Zeiten übernommen. Die Bergwerke in Schwaz begannen wegen des billigen Silbers aus Amerika unrentabel zu werden. Die Silberschwemme aus der Neuen Welt führte zu einer Inflation. Die Lebenskosten stiegen vor allem für die ärmeren Bevölkerungsschichten. Gleichzeitig hatten die Habsburger Landesherren Schulden bei den Fuggern, quasi ein Erbe Maximilians. Die kirchliche Reformation (86) erzeugte soziale Turbulenzen. Menschenbild und das Verhältnis zu Obrigkeit und Gott veränderten sich. Machiavelli schrieb sein Werk „Il Principe“, in dem davon die Rede war, dass Fürsten, so sie denn unfähig waren, auch abgesetzt werden könnten. Ferdinand II. probierte diesem frühen, modernen, absolutistischen Führungsstil gerecht zu werden und erließ mit einer neuen Tiroler Landesordnung ein juristisches Regelwerk. Die italienischen Städte waren stilbildend in Politik, Wirtschaft und Ästhetik. Künstler und Denker wie Leonardo da Vinci und Michelangelo prägten die Zeit. Der Tiroler Hof des charmanten, intelligenten und kunstsinnigen Ferdinand sollte diesen Städten in nichts nachstehen. Seine Maskenbälle und Umzüge waren legendär. Bei weniger exzentrischen Zeitgenossen genoss Ferdinand den Ruf eines unmoralischen und genusssüchtigen Wüstlings und stand wohl nicht ganz zu Unrecht unter dem Verdacht, ausschweifende und unsittliche Orgien zu veranstalten. Zwar verschlang auch sein Hofstaat Unsummen, zumindest konnte er die Innsbrucker Wirtschaft darüber wieder etwas ankurbeln. Die Steuerlast auf die bäuerliche und bürgerliche Bevölkerung stieg dadurch noch weiter. Ferdinand ließ mit diesem Geld Innsbruck im Geist der Renaissance umgestalten. Ganz im Trend der Zeit ahmte er die italienischen Adelshöfe wie Florenz, Mantua, Ferrara oder Mailand nach. Hofarchitekt Giovanni Lucchese stand ihm dabei zur Seite. Vorbei sollten die Zeiten sein, in denen Deutsche in den schöneren Städten südlich der Alpen als unzivilisiert, barbarisch oder gar als Schweine bezeichnet wurden. Unter Ferdinand kehrte ein neuer Stil in Innsbruck ein, teuer, aber glanzvoll. Westlich der Stadt erinnert ein Torbogen noch an den Tiergarten, ein Jagdrevier Ferdinands samt Lusthaus entworfen von Lucchese. Das Lusthaus wurde 1786 durch den heute als Pulverturm bekannten Bau ersetzt, der einen Teil der sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck beheimatet. Man könnte sagen, dem fürstlichen Sport des Jagens folgte im ehemaligen Lusthaus, das der Pulverturm war, die Sportuniversität nach. Das fürstliche Comedihaus am heutigen Rennweg entstand ebenfalls unter der baulichen Leitung Luccheses.

Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte Ferdinand auf Schloss Ambras bei Innsbruck, wo er sich eine der kostbarsten Sammlungen von Kunstwerken und Rüstungen anlegte, die noch heute zu den wertvollsten der Welt ihrer Art zu zählen ist. Gemeinsam mit der Kunstsammlung des französischen Königs Franz I., aus denen das Louvre hervorgehen sollte, den päpstlichen Sammlungen und den öffentlich in Florenz auf der Piazza della Signoria ausgestellten Kunstwerken, die man heute teilweise in den Uffizien bewundern kann, zählte die Kunstsammlung Ferdinands zu den ersten Ausstellungen, die man als Museum bezeichnen kann. Ferdinand kann getrost als Gründer wissenschaftlicher und künstlerischer Sammlungen bezeichnet werden. In späteren Zeiten sollten bürgerliche Schichten diese Tradition in Vereinen und Museen wie dem Ferdinandeum in Innsbruck weiterführen. Die Jesuiten, kurz vor Ferdinands Amtsantritt in Innsbruck eingetroffen, um lästigen Reformatoren und Kirchenkritikern das Leben schwer zu machen und die kirchliche Präsenz verstärken, erhielten in der Silbergasse eine neue Kirche. Es mag heute als Widerspruch scheinen, dass der genusssüchtige Landesfürst Ferdinand als Katholik und Gegenreformator die Kirche verteidigte, in der Zeit des Humanismus war es das nicht. Mit seinen Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung war er ebenfalls auf der Linie der Jesuiten. Natürlich, die kirchliche Ordnung vermochte die Untertanen zu disziplinieren, die Habsburger waren aber bis zum Ende der Dynastie fast durchgehend wahrhaft fromme Zeitgenossen.

In erster "halbwilder Ehe" war Ferdinand mit der Bürgerlichen Philippine Welser verheiratet. Ein Skandal für die damalige Zeit. Für seine über alles geliebte Frau ließ Ferdinand Schloss Ambras in die heutige Form bringen. Sein Bruder Maximilian meinte gar, dass "Ferdinand verzaubert sai" von der schönen Philippine Welser, als Ferdinand während des Türkenkriegs seine Truppen abzog, um nach Hause zu seiner Frau zu gehen. Erben konnte sie ihm allerdings keinen schenken. Die Kinder, die sie gemeinsam zeugten, konnten ob der strengen Gesellschaftsordnung des 16. Jahrhunderts allesamt nicht anerkannt werden. Nachdem Philippine Welser verstorben war, heiratete Ferdinand mit 53 Jahren die tiefgläubige Anna Caterina Gonzaga, eine erst 16jährige Prinzessin von Mantua. Große Zuneigung haben die beiden allem Anschein nach aber nicht zueinander empfunden, zumal Anna Caterina eine Nichte Ferdinands war. Die Habsburger waren beim Thema Hochzeit unter Verwandten weniger zimperlich als bei der Ehe eines Adeligen mit einer Bürgerlichen. Auch mit ihr konnte er allerdings "nur" drei Töchter zeugen. Ob der Geschichten um Ferdinands legendären Feste auf Schloss Ambras verwundert es kaum, dass er sich nicht bei seiner zweiten Ehefrau Anna Caterina Gonzaga im Servitenkloster, sondern mit der im Volk sehr beliebten ersten Ehefrau in der silbernen Kapelle an der Innsbrucker Hofburg beerdigen ließ.