Deutschordenshaus

Hofgasse 3

Altstadt Innsbruck klein

Das Deutschordenshaus zählt zu den sehenswertesten gotischen Gebäuden der Altstadt. Gotik und Renaissance treffen in diesem Gebäude aufeinander. Im frühen 16. Jahrhundert erwarb der Deutsche Orden dieses von Gregor Türing entworfene Haus, um auch in Innsbruck eine Residenz in der Nähe des kaiserlichen Hofes zu haben. Ein eigenes Kommando hatte der Orden in Innsbruck nie. Als wichtige Berater und Diplomaten wollte man aber eine Niederlassung nahe dem Landesfürsten haben. Der Deutsche Orden war ein Ritterorden, ein Überbleibsel aus der Zeit der Kreuzzüge. Auf den ersten Blick wirkt er aus heutiger Sicht im 16. Jahrhundert bereits etwas aus der Zeit gefallen, war die Kriegsführung von den Ritterheeren und Kriegerorden doch schon entfernt. Durch geschickte Politik und Verbindungen zur europäischen Hocharistokratie sicherte er sich sein Fortbestehen auch in einer Zeit, in der das Schwert seit langem gegen das Schießpulver ausgetauscht worden war.

Besonders schön sind die aufwendig dekorierten Erker, mit der Darstellung des Heiligen Christoph und des Heiligen Georg, die bis heute erhalten blieben. Der Deutsche Orden war ebenso fromm wie kämpferisch, der Heilige Georg als Schutzheiliger der kämpfenden Klasse des Mittelalters passte sehr gut zu diesen gleichzeitig frommen und kämpferischen Ordensbrüdern. Schon 1539 verkaufte der Orden das Gebäude wieder, die Besitzerfamilien des Hauses wechselten in der Folge häufig.  Im 18. Jahrhundert erfolgte eine Erweiterung des Gebäudes, das heute als gewöhnliches Wohnhaus dient, auf fünf Stockwerke. 1872 wurde das Haus eine Beute der Flammen bei einem der häufigen Stadtbrände. Während des Zweiten Weltkriegs wurde es in Mitleidenschaft gezogen. Es erstrahlt heute nach zwei Renovierungen im alten gotischen Glanz.

Baumeisterdynastie Türing: Innsbruck wird Weltstadt

Siegmund der Münzreiche war es, der im 15. Jahrhundert Niklas Türing (1427 – 1496) nach Innsbruck holte. Die Türings waren eine Steinmetz- und Baumeisterfamilie aus dem heutigen Schwaben, das damals als Teil Vorderösterreich zur Habsburgermonarchie gehörte. Innsbruck war seit einigen Jahrzehnten Residenzstadt der Tiroler Landesfürsten, der architektonische Glanz war aber noch nicht nördlich der Alpen angekommen. Die Stadt war eine Ansammlung von Holzhäusern und wenig repräsentativ. Für Handwerker und Baumeister brachen goldene Zeiten an, die unter Maximilian nochmals mehr an Fahrt aufnehmen sollte. Es kam zu einem wahren Bauboom. Aristokraten wollten einen Wohnsitz in der Stadt haben, um möglichst nahe am Zentrum der Macht zu sein. Die Politik spielte sich in der Zeit vor Presse, funktionierendem Postwesen, Fax und E-Mail vor allem im direkten Kontakt ab.

Die frühe Gotik und später die Renaissance hatte im Lauf des Spätmittelalters Europa mit einem neuen Verständnis von Architektur und Ästhetik in ein neues architektonisches Gewand getaucht. Bauten wie Notre Dame oder der Minster of York setzten den Trend, der ganz Europa bis zum Einsetzen des Barocks prägen sollte. Spitze Türme, Rippengewölbe, Erker und verspielte Schnitzereien, die den höfischen Alltag darstellen sind einige typische Merkmale, die den heterogenen Stil erkennbar machen. Vor allem in der Altstadt kann man das Wirken der Türings gut nachverfolgen. Viele der Bürgerhäuser weisen heute noch gotische Grundrisse, Innenhöfe und Schnitzereien auf.

Die Türings prägten das gotische Innsbruck in der Übergangszeit zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit. Auf Niklas Türing geht das Goldene Dachl zu einem guten Teil zurück. Er schuf auch die Statue des Burgriesen Haidl, eines besonders großen Mitglieds der Leibgarde Siegmunds, die heute im Stadtturm zu besichtigen ist. Kaiser Maximilian schätzte ihn derart hoch ein, dass er es ihm gestattete das Familienwappen der Türings und seiner Frau, einen Brunnen und einen Fisch, im Gewölbe des Goldenen Dachls zu verewigen. Sein Sohn Gregor verewigte sich unter anderem mit dem Trautsonhaus in der Herzog-Friedrich-Straße und am Burgriesenhaus in der Domgasse. Der letzte der Türings mit Einfluss auf die Innsbrucker Bauszene war Niklas Türing der Jüngere, der mit Andrea Crivelli gemeinsam die Planungen an der Hofkirche begann. Im 16. und 17. Jahrhundert begann der Einfluss der Gotik vor allem im heutigen Österreich nachzulassen. Vor allem Kirchen wurden im Rahmen der Gegenreformation zunehmend im Barockstil um- und neugebaut. In Innsbrucks Osten erinnert heute die Türingstraße an die frühneuzeitliche Baumeisterdynastie.

Der Deutsche Orden & Maximilian III.

Gleich zwei einflussreiche Hochmeister des Deutschen Ordens haben einen starken Bezug zu Innsbruck. Maximilian III. (1558 – 1618) war Landesfürst von Tirol, Erzherzog Eugen, der oberste Befehlshaber der österreichisch-ungarischen Armee an der Italienfront des Ersten Weltkriegs. Beide Mitglieder der Familie Habsburg sind im Dom zu St. Jakob in Innsbruck begraben. Die Geschichte Maximilians III. ist ein gutes Beispiel, um die Verbindung von weltlicher und kirchlicher Macht im Mittelalter und der frühen Neuzeit durch den Deutschen Orden aufzuzeigen. Er war nicht nur Hochmeister des Ordens, sondern auch Erzherzog von Österreich und Administrator von Preußen. Trotz aller Macht lebte er enthaltsam. Oft zog er sich für Wochen in seine Kammer im heutigen Kapuzinerkloster zurück, um trotz seines Status als Landesfürst unter spartanischen Bedingungen zu leben. Die Kapuziner waren 1594 in Innsbruck eingezogen. Maximilian der Deutschmeister folgte 1602, auch wenn er erst 1612 die offizielle Position als Gubernator von Tirol einnahm. Er war ein frommer und tiefgläubiger Mensch. Maximilian ist ein Beispiel dafür, dass die Herrscher des Hauses Habsburg den Glauben sowohl nach außen hin vertraten wie auch im Privaten praktizierten. Zynismus, wie man landläufig vermuten könnte, war ihnen in dieser Hinsicht fremd. Unter ihm zogen in Innsbruck strenge Sitten ein. Er war ein eifriger Vertreter der Gegenreformation. Erzählungen nach soll Kindern sogar das Spielen auf der Straße verboten worden sein. Während seiner Regierungszeit hatte er mit dem Ausbruch einer Pestepidemie zu kämpfen. Die Pestkirche in Dreiheiligen wurde während seiner Regierungszeit aus. Der Dreißigjährige Krieg brach unter seiner Regentschaft aus, verschonte Innsbruck aber zu größten Teilen. Im selben Jahr verstarb Maximilian. Sein Grab im Innsbrucker Dom zählt zu den eindrucksvollsten Gräbern der Barockzeit.

Der Deutsche Orden wurde als Ritterorden um 1120 in Jerusalem in einem Hospiz gegründet. Es war die Zeit der Kreuzzüge. Christliche Herrscher waren seit 1096 dazu aufgerufen, die Heilige Stadt Jerusalem aus den Händen der Ungläubigen zu befreien. Auf mehreren abenteuerlichen Expeditionen machten sich Europäer aus allen Ländern unter christlicher Fahne auf Richtung Osten. Kirche und Rittertum vereinten sich in Orden, die Pilgern den Besuch der Heiligen Städten in Jerusalem, vor allem der Grabeskirche, ermöglichen sollten. Der Aufwand für diese heilige Mission war immens. 1229 begannen die Ritter des Deutschen Ordens mit dem Bau der Festung Montfort bei Akko an der Mittelmeerküste Palästinas, dem heutigen Israel. Gleichzeitig schaute man sich aber in weiser Voraussicht ob der drohenden Niederlage in Palästina nach neuen Territorien in Europa um. Nach der Vertreibung aus dem Nahen Osten engagierten sich die Ritter des Deutschen Ordens für die christlichen Ungarn in Siebenbürgen im heutigen Rumänien gegen heidnische Stämme. Im 13. Jahrhundert konnte der Orden unter Hermann von Salza im Baltikum im Kampf gegen die heidnischen Prußen viel Land gewinnen und den Deutschordensstaat errichten. Bei der Bekehrung der Heiden ging man nicht zimperlich vor. Im Prinzip handelte es sich dabei auch um einen Kreuzzug, auch wenn das Ziel nicht die Befreiung Jerusalems war. Der Deutsche Orden trat als eine Art Staatlichkeit auf, die sich ähnlich den religiösen Fundamentalisten heute, auf Gott berief und dessen Ordnung auch auf Erden herstellen wollte. Die Marienburg im heutigen Polen ist ein eindrucksvolles Zeugnis von Macht und Reichtum des Deutschen Ordens. Entitäten wie der Deutsche Orden dienen gut dazu, die Denkweise des Mittelalters zu erklären. Ergebene Frömmigkeit und Gottesfurcht traf in der Zeit bis 1500 häufig auf die Ausübung von weltlicher Macht. Es waren die Ideale wie christliche Nächstenliebe und der Schutz der Armen und Hilflosen, die auch den Deutschen Orden in seinem Kern antrieben. Die Durchsetzung dieser Ideale mit Waffengewalt ohne Rücksicht auf die nichtchristliche Perspektive wirkt aus unserer Sicht paradox, war aber lange Zeit gängige Praxis. Mit der Zeit der Söldnerheere änderten sich die Moral von Ritterlichkeit und damit auch das Verhalten am Schlachtfeld. Nach dem Niedergang des Ordens im 15. Jahrhundert in Nordosteuropa behielt der Orden durch geschickte Verbindung zum Adel und zum Militär vor allem im Habsburgerreich noch Besitzungen und Macht.