Evangelische Christuskirche

Wo ist das?

Richard-Wagner-Straße 2, Innsbruck

Wissenswertes

Die Christuskirche im Innsbrucker Stadtteil Saggen war lange Zeit das einzige evangelische Gotteshaus im Heiligen Land Tirol. Erst 1906 öffnete sie ihre Pforten für die protestantische Kirchengemeinde. Das architektonisch interessante Bauwerk besitzt sowohl neugotische wie auch neuromantische Elemente. Der spitz zulaufende Kirchturm ist ein schöner Kontrast zum Tonnengewölbe und den Rundbögen. Wie viele andere Bauwerke, zum Beispiel die Triumphpforte, wurde auch die Christuskirche aus Höttinger Breccie vom alten Steinbruch unter der Hungerburg erbaut.

Reformation in Tirol

Im ausgehenden Mittelalter und in der Frühen Neuzeit spaltete ein Glaubenskrieg weite Teile Europas. Die stark verweltlichte und korrupte katholische Kirche mit ihrem Zentrum in Rom kam durch Reformatoren wie Jan Hus, Jean Calvin und Martin Luther unter Druck. Ihre Lehren von einem neuen, reformierten und puren Glauben verbreiteten sich durch die Möglichkeiten, die der Buchdruck bot, rasend schnell in ganz Europa. In Tirol waren vor allem die Bergwerkstädte Hall und Schwaz die Zentren, in denen Prediger  wie Jacob Strauß mit abweichenden Gedanken die Menschen nicht nur im religiösen, sondern auch im sozialen Sinn aufwiegelten. Die Habsburger galten als erzkatholisch, das feudale System des Adels und der Kaiser legitimierten sich über den Papst und seine Lehren, wonach jeder sich seines angeborenen Standes gemäß zu verhalten habe.

Anhänger der Reformation hatten es in Tirol alles andere als leicht. Bis heute gilt Tirol als selbsternanntes „Heiliges Land“, wobei sich heilig explizit auf den katholischen Glauben bezieht. In Innsbruck wurden Protestanten wie in vielen anderen Regionen Österreichs unterdrückt und vertrieben. Noch unter Maria Theresia im 18. Jahrhundert wurden Tiroler Protestanten in weit entlegene Teile des Habsburgerreichs zwangsumgesiedelt. Immer wieder kam es zu Hausdurchsuchungen, Bücherkontrollen und Zensur. 1781 erließe Kaiser Joseph II. das Toleranzpatent, das den Bau von protestantischen Kirchen erlaubte, wenn auch an Bedingungen gebunden. So durften diese Bethäuser keine Türme oder sonstigen baulichen Besonderheiten aufweisen. In Tirol kam es zu Widerständen gegen das Toleranzpatent, man fürchtete um die guten Sitten und wollte fremdartige Religionen, Zwietracht und Unruhen aller Art vermeiden. Konvertierten Untertanen wurden Dinge wie Ehe und ein Begräbnis auf katholischen Friedhöfen verwehrt.

Nach und nach hielt die Toleranz zwar Einzug im Kaiserreich und in den Ländern, die Zusammengehörigkeit von Obrigkeit und katholischer Kirche biss sich aber weit ins 20. Jahrhundert durch viele Lebensbereiche wie zum Beispiel der Schulbildung fest. Die Tiroler Bevölkerung ließ sich in ihrer Sturheit auch nicht vom kaiserlichen Protestantenpatent von ihrer Intoleranz abbringen. Erst 1876 kam es zur Gründung einer evangelischen Pfarrgemeinde. Es wundert also kaum, dass die erste evangelische Kirche Tirols erst knapp 400 Jahre nach den 95 Thesen Martin Luthers an wenig prominenter Stelle im neuen bürgerlichen Teil der Stadt, dem Saggen, eröffnet wurde.