Petrus Canisius und die Jesuiten
Petrus Canisius und die Jesuiten
Jesuiten, Franziskaner, Prämonstratenser, Karmeliten, Serviten, Kapuziner, Ursulinen. Wer Innsbruck besucht, spaziert meist unbewusst an vielen Klöstern vorbei. Der politisch wohl einflussreichste Orden in der Geschichte der Stadt waren die Jesuiten. Die „Soldaten Christi“ wurden vom ehemaligen Adeligen und Offizier Ignatius von Loyola (1491 – 1556) gegründet. Loyola war ein sittenstrenger Reformator. Er wollte die Kirche verändern, anders als Luther aber nicht ohne den Papst als deren Oberhaupt. Die Jesuiten setzten auf eine bessere Ausbildung des Klerus und höhere moralische, an den christlichen Wurzeln ausgerichtete Maßstäbe im Kirchenalltag.
Durch geschickte Strukturen, Disziplin und Organisation, übernommen aus dem militärischen Bereich, wuchs der Orden rasch an und schaffte es während der Gegenreformation ein besonderes Verhältnis zu den Habsburgern aufzubauen. Vielen Mitgliedern der Dynastie ist in ihrem Herrschen und Tun der Einfluss des Ordens anzumerken, bei dem sie ihre Bildung genossen. Jesuiten wie Bartholomäus Viller oder Wilhelm Lamormaini waren als Beichtväter und Berater der Habsburger in der Frühen Neuzeit politisch einflussreich. Nicht umsonst sind die Jesuiten heute noch die Widersacher der Freimaurer in unzähligen Verschwörungstheorien und Romanen und gelten vielen als neuzeitliches Äquivalent des James-Bond-Bösewichts.
Ein eifriger Förderer der Jesuiten in Tirol war der Tiroler Landesfürst und spätere Kaiser Ferdinand I. Er war wie Ignatius von Loyola in Spanien aufgewachsen. Mit den Sitten der Deutschen und der in Spanien nicht existenten Reformationsbewegung hatte er ebenso seine Schwierigkeiten wie mit der Sprache. Die Tiroler Bevölkerung auf der anderen Seite fremdelte mit ihrem Landesfürsten, den man mit seinem fremdländischen Hofstaat leicht mit einer Besatzungsmacht verwechseln konnte. Ein verbindendes Element zwischen den beiden Welten war die römische Kirche, speziell die Jesuiten.
Die Jesuiten waren Forschung, Wissenssammlung und Bildung gegenüber sehr aufgeschlossen und wollten die Welt im Sinne der christlichen Schöpfung zu verstehen lernen. Das machte sie zu einem hippen Gegenpol sowohl zu den verstaubten bestehenden Orden wie auch den Protestanten. Glaube und Empirie verbanden sich zu einer Art vormodernen Wissenschaft, die Natur und Physik zu erklären versucht. Die Sammlung Ferdinands II. auf Schloss Ambras zeugt vom Forschungsdrang der Zeit ebenso wie die alchemistischen Experimente, die Kaiser Matthias durchführte.
Die Jesuiten erkannten, dass über das Bildungssystem großer politischer Einfluss zu erlangen war. In Schulen und Kollegien wurden nicht nur Aristokraten, Priester und Politiker, sondern auch Beamten ausgebildet. Protestantische Länder und Städte hatten begonnen Deutsche Schulen, Akademien und Gymnasien zu installieren. In katholischen Ländern waren es die kirchlichen Orden, die Schulen und Universitäten gründeten.
Die Jesuiten gründeten in Innsbruck die Lateinschule aus der später die Universität hervorgehen sollte. Die neue Schule hatte große Auswirkungen auf die Stadtentwicklung. Hier wurde die Intelligenzia ausgebildet, die Innsbrucks Aufstieg zum Verwaltungs- und Wirtschaftsstandort ermöglichte. Unter Josef II. wurden viele kirchliche Orden entmachtet und enteignet, darunter auch die von ihm wenig geliebten Jesuiten. Die Universität Innsbruck wurde unter ihm 1781 zu einem Lyzeum zurückgestuft. Erst 1838 wurden sie wieder nach Innsbruck berufen. Neben Lehrstühlen an der Universität hatten sie das Theresianum, ein Gymnasium für die Aristokratie, in leitender Funktion über.
Bei aller Liebe für die Wissenschaft kehrte unter den Jesuiten das Mysthische wieder in den Kirchenalltag zurück. Passionsspiele, Ostergräber, Prozessionen und Feiertage sollten die strengen Glaubensgrundsätze in Schauspiel und Spektakel weich verpacken.
Der Jesuitenorden war, ganz dem Volksglauben verpflichtet, auch überaus motiviert, wenn es um Verfolgung von Hexen und Andersgläubigen ging. In der damals erst kürzlich entdeckten Neuen Welt in Amerika und in Asien taten sich die Jesuiten in der Missionierung der einheimischen heidnischen Bevölkerung eifrig hervor. Der Heilige Franz Xaver, einer der ersten Mitstreiter Ignatius´ von Loyola, starb auf Missionsreise in China. In einer Seitenkapelle der Innsbrucker Jesuitenkirche ist diesem Soldaten Christi ein Altar geweiht.
Einer der bedeutendsten jesuitischen Theologen war Petrus Canisius (1521 – 1597). Rasch stieg der gebildete Kleriker im neu gegründeten Jesuitenorden auf und wurde von Kaiser Ferdinand als einer der wichtigsten Kirchenpolitiker des Reiches installiert.
Auf seinen Reisen, die ihn quer durch Europa führten, war Petrus Canisius auch einige Zeit in Innsbruck und maßgeblich an der Installierung des Jesuitenordens beteiligt. Er war sowohl Beichtvater der Aristokratie wie auch Kirchenmann für die Massen, der auf Reisen durch die Dörfer Tirols die Landbevölkerung erreichte. Er erkannte, dass Latein nicht die Sprache war, mit Bauern, Knechte und Mägde gegen den Protestantismus zu immunisiert werden konnte. Mit seinem Katechismus verfasste Petrus Canisius eine wichtige deutschsprachige Ideensammlung im katholischen Kampf gegen die Reformation der Protestanten, der in alle Sprachen übersetzt und lange als Leitfaden der katholischen Kirche galt.
Am Karl-Rahner-Platz befindet sich heute nicht nur die Jesuitenkirche, sondern auch die Theologische Fakultät der Universität Innsbruck. Im Saggen gehört das Collegium Canisianum den Jesuiten.
Sehenswürdigkeiten dazu…
Universität Innsbruck
Innrain 52
Collegium Canisianum
Tschurtschenthalerstraße 7
Jesuitenkirche & Palais Pfeifersberg
Karl-Rahner-Platz / Sillgasse 6