Pradl & Amras

Wissenswertes zu Pradl

Der Name Pradl geht wohl auf den lateinischen Ausdruck Pratellum, kleine Wiese, zurück, was auf eine römische Besiedlung des Gebiets hinweist. Laut der Innsbrucker Stadtchronik wurde der Name Pradl 1178 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Bis zur Industrialisierung des 19. Jahrhunderts war Pradl eine Ansammlung von Bauernhöfen östlich Innsbrucks. Als sich im 19. Jahrhundert die Baumwollspinnerei Herrburger und Rhomberg (1839), die Seifenfabrik Epp (1885) und das Gaswerk (1859) ansiedelten, wuchs das Dorf schnell. 1900 hatte der heute größte Stadtteil Innsbrucks bereits um die 2000 Einwohner. Besonders das Gaswerk am Gelände des heutigen Rapoldipark veränderte das Gesicht Pradls. Auch der nahe Bahnhof hatte Anteil am Wachstum und der Veränderung Pradls. Die Stadt war bis an ihre Grenzen gewachsen und aus dem Dorf war der wohl wichtigste Standort für Energie und Infrastruktur geworden. 1861 begann die Beleuchtung der Stadt mit Gaslichtern. Über 500 Gaslichter erhellten Innsbruck um die Jahrhundertwende. Auch wurden mehr und mehr Küchen mit Gas betrieben. Das Hauptproblem an der Gasgewinnung war, dass sie über das Verbrennen von Kohle erfolgte. Rauch und Staub verpesteten die Luft direkt neben den Wohnhäusern und Bauernhöfen. Während Innsbruck von der Industrialisierung profitierte, bekam Pradl vor allem die negativen Aspekte davon zu spüren: Überbevölkerung, rasante Umwandlung des Sozialgefüges und Schmutz waren die Folgen dieser Entwicklung. Die positiven Seiten der Modernisierung konnte das Dorf nicht genießen. Trotz des Wachstums fehlte das Geld, um die Infrastruktur nachzuziehen. Kanalisation, Straßen, Schulen, Krankenversorgung oder gar öffentlicher Verkehr waren kaum vorhanden. Das Trinkwasser verbreitete noch im 20. Jahrhundert Typhus, von Modernisierung war wenig bis nichts zu spüren.

1904 wurde aus dem Dorf ein Stadtteil. Pradl und sein südlicher Nachbar Amras bildeten bis dahin eine Gemeinde. Bei einer Bürgerversammlung 1902 stimmte eine erhebliche Mehrheit der Pradler für den Zusammenschluss. In Amras hingegen war die Mehrheit gegen die Eingemeindung, weshalb sich Pradl zuerst von Amras abspalten musste, um ein Teil Innsbrucks werden zu können.

Ab 1912 verband die Straßenbahn Pradl mit der Innenstadt. Vom ehemaligen Ortskern beim Florianibrunnen wurden nach Süden hin Zinshäuser im Heimatstil oder dem klassizistischen Historismus als Wohnstätten für die Arbeiter und Angestellten gebaut. Die Straßenzüge entstanden am Reißbrett. Die großen Wohnanlagen weiter im Osten in der Pembaurstraße oder der Gabelsbergerstraße wurden nach den damals neuesten Erkenntnissen in der Architektur mit geräumigen Innenhöfen und viel Grün angelegt. Der soziale Wohnbau wurde von seinem architektonischen Vertreter in Innsbruck Theodor Prachensky nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ weiterentwickelt. Viele dieser Häuser und Wohnanlagen kann man bis heute noch sehen. Die Fabriksarbeiter hatten, obwohl sie immer noch zu den ärmeren Bevölkerungsteilen zählten, nicht das Los der Verelendung zu teilen, das dem Proletariat in anderen großen Städten durch den ungezügelten Kapitalismus zugemutet wurde. Das war wohl neben der kirchlichen Dominanz mit ein Grund, warum Kommunismus und Sozialismus in Tirol nur gebremst Fahrt aufnahmen.

1927 wurde, um der sozialen Not der Nachkriegszeit ein wenig entgegenzuwirken, das Obdachlosenheim in der Hunoldstraße eröffnet. Zur selben Zeit entstanden zwischen Pradl und Amras die unter Einheimischen als „Stalingrad“ bekannten Kaufmannblöcke im Internationalen Stil, die mit ihren Innenhöfen und der kubischen Form heute unter Denkmalschutz stehen. Zwischen 1939 und 1945 wurden die Südtirolersiedlungen im Osten Pradls gebaut. Eichhof, Ahornhof und Lindenhof prägen mit ihren großen Innenhöfen noch heute das Bild Pradls.

Die vielleicht größte Veränderung erfuhr Pradl aber mit der Umgestaltung des Tivoliareals seit dem Jahr 2000. Wo einst die Fans und Spieler der Innsbrucker Fußballvereine fieberten und feierten, entstand ein komplett neues Stadtviertel mit über 400 Wohnungen, Altersheim, Kindergarten, Spielplatz, Supermärkten, Bürogebäude und Skateboardpark.

Wissenswertes zu Amras

Amras lässt sich noch weiter zurückverfolgen als Pradl. Das Dorf entstand unterhalb des heutigen Schloss Ambras. Erstmals erwähnt wurde es schriftlich bereits im Jahr 837 als „locus omeras“.  Der Name geht wohl auf die schattige Lage zurück. Das Lateinische Ad umbras bedeutet nichts anderes als „bei den Schatten“. Die Grafen von Andechs erbauten hier wenig später ihre gleichnamige Burg. Omeras geht wahrscheinlich auf die schattige Lage am Fuße des Patscherkofels und den lateinischen Stamm ad umbras, bei den Schatten zurück. Amras war eine Siedlung mit eigener Verwaltung, ein typisches, rural geprägtes Tiroler Dorf. Kirchlich gehörte Amras bis 1256 nicht zum Stift Wilten, sondern zu Ampass.

Wo heute das Einkaufszentrum DEZ an das alte Dorf anschließt, befand sich bis ins 19. Jahrhundert der Amraser See, der nach und nach vermoorte und heute nur noch auf alten Bildern und von der Amraser-See-Straße in Erinnerung gehalten wird. Kaiser Maximilian ließ hier Fische züchten, um sich und seinem Hofstaat auch an christlichen Fastentagen das Darben zu erleichtern.

Einen Eindruck vom frühneuzeitlichen Amras gibt laut einer kunsthistorischen Untersuchung von Wilhelm Fischer aus dem Jahr 1951 das berühmte Gemälde Winterlandschaft des niederländischen Malers Pieter Bruegel (circa 1525 – 1569), das im Wiener Kunsthistorischen Museum hängt. Bruegel war neben dem apokalyptisch veranlagten Hieronymus Bosch der bekannteste Vertreter der flämischen Malerei der Zeit um 1500. Zwischen 1552 und 1555 hatte er sich nach seiner Ausbildung in Antwerpen nach Italien begeben, um sich dort im Geist der Zeit mit der Renaissancekunst zu beschäftigen.

Diese Zeit ging als Anfang der Kleinen Eiszeit, die sich vom 15. Jahrhundert in unterschiedlicher lokaler Ausprägung bis ins 19. Jahrhundert zog, in die Geschichte ein. Auch in Tirol sorgte dieser kleine Klimawandel für eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Ernteausfällen und zu großen wirtschaftlichen Verwerfungen und Versorgungsengpässen.

Auf seiner Rückreise nach Nordeuropa machte Bruegel in Innsbruck Halt und ließ sich von Landschaft und Menschen inspirieren. Anders als wenige Jahre zuvor Albrecht Dürer auf seinem bekannten Aquarell, das eine Stadtansicht Innsbrucks zeigt, hielt er wie auf den meisten seiner Bilder eine Alltagsszene fest. Zwar siedelte er die Szene in den Niederlanden an, wie man an einigen Details wie dem Schild des Gasthofes erkennen kann, die winterliche, alpine Landschaft passt aber recht genau in die Perspektive, die man vom heutigen Ortsteil mit Blick nach Norden hat. Im Vordergrund sieht man eine Jagdgesellschaft, die mutmaßlich vom damals noch nicht ummauerten Schloss Ambras ins Inntal zurückkehrt. Im Hintergrund tummeln sich Erwachsene und Kinder beim Eislaufen und Spielen am See vor der Kulisse des Karwendels und des Inntals. Das bäuerliche Dorf Amras und das Treiben darin scheinen den Meister nachhaltig genug beeindruckt zu haben, dass er das Erlebte zwölf Jahre später in Öl festhielt. Ob die eislaufenden Bauern nun Tiroler oder Flamen sind, die Bruegel in eine Tiroler Szenerie versetzte, soll uns nicht weiter kümmern.

1938, 34 Jahre nach Pradl wurde Amras im Rahmen der reichsweiten Eingliederungen unter den Nationalsozialsten in Innsbruck gegen den Willen der Mehrzahl der Bürger eingemeindet. Der Bau von größeren urbanen Wohnhäusern nahm erst später seinen Anfang, was sich im Baustil niederschlägt. Während in Pradl viele Häuser aus der Zeit um die Jahrhundertwende stammen, werden die Wohnblöcke in Amras von der Nachkriegsarchitektur dominiert. Ur-Amraser fühlen sich bis heute noch vielfach als Bewohner eines eigenen Dorfes, Innsbrucker ist man nur im zweiten Rang. Im Osten der Philippine-Welser-Straße befinden sich einige der schönen Bauernhäuser, die den Stadtteil im Amraser Selbstverständnis ebenso darstellen wie den Wohlstand, zu dem die Landwirte mittlerweile gekommen sind. Östlich an Amras schließt das Innsbrucker Gewerbegebiet mit dem Einkaufszentrum DEZ an. Das DEZ bildet den Endpunkt der Hauptverkehrsader Südring, der von West nach Ost den Großteil des Autoverkehrs führt. Wie die meisten europäischen Städte kämpfen auch Innsbrucks Kaufleute in der Innenstadt seit dem Aufstieg des Autos in den 1960er und 70er Jahren unter dem Druck der Einkaufszentren in der Peripherie um ihre Existenz.

Wissenswertes Igls & Patscherkofel

Das Mittelgebirge südlich von Ambras an den Hängen des olympischen Hausbergs Patscherkofel beheimatet mit Vill und Igls zwei ehemals eigenständige Dörfer, die seit 1942 politisch Teil Innsbrucks sind. Während Vill bis heute einen sehr ländlichen Charakter hat, fühlt man sich im Ortszentrum von Igls in die Zeit der Sommerfrische des späten 19. Jahrhunderts zurückversetzt. Das Dorf auf 950 m Seehöhe war gleichermaßen bei Innsbruckern wie auch auswärtigen Touristen als Ausflugs- und Urlaubsziel beliebt. Michael Obexer, der 1870 aus dem kleinen Gasthof Neuwirth das Hotel Igler Hof machte, war einer der Pioniere die früh das Potential des Fremdenverkehrs in Tirol erkannten und professionell agierten. Die Fassade des Sporthotel Igls und der Kurpark samt Pavillon erinnern noch an die Zeit des gehobenen Kuraufenthaltes der Belle Epoque.

Igls besitzt mit der Patscherkofelbahn und der Bobbahn zwei Veranstaltungsstätten olympischer Bewerbe. Erste Pläne, eine Schwebebahn auf den Patscherkofel zu errichten, um mit den großen Tourismusorten in der Schweiz auf Remis zu stellen, gediehen bereits um die Jahrhundertwende unter der Ägide des Innsbrucker Gemeinderates und Max Obexers. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrach die Unternehmung als die Straße hinauf nach Heiligwasser asphaltiert war. Erst 1924 wurden die Pläne wieder aufgegriffen. Die Euphorie rund um eine erste Version, die vom Berg Isel bis hinauf zum Schutzhaus knapp unter dem Gipfel geführt hätte, wurde von der Hyperinflation der Ersten Republik unterbrochen. Erst nach der Einführung des Schillings als Währung konnte man das Projekt angehen, wenn auch in abgespeckter Variante. Die Talstation entstand nahe zum Bahnhof der kriselnden Mittelgebirgsbahn, der heutigen Straßenbahnlinie 6. Die Planungs- und Finanzierungsphase geriet zum Fiasko. Das Budget wurde um etwa 50% gesprengt. Trotzdem konnte die Bahn 1928 eröffnet werden. Nach mehreren Besitzerwechseln wurde die Bahn, erneut unter blamabler Finanzplanung seitens der Stadt, 2017 durch eine neue, moderne Bergbahn mit Start direkt an der Skipiste anstatt im Ortszentrum ersetzt.

Unterhalb der Talstation der Patscherkofelbahn befindet sich die Ausgrabungsstätte Goldbühel. Viel ist nicht mehr übrig von der Kultstätte, die 15 v. Chr. bei der römischen Landnahme zerstört wurde, interessante Hinweistafeln vermitteln die Kultur der Breonen kurz und knackig. Einen kleinen Spaziergang oberhalb der Talstation, auf über 1200 m Seehöhe laden der Alpengasthof und die Wallfahrtskirche Heiligwasser zur Rast ein. Gastgeber sind die Praemonstratenser, die die Alm verpachten. Das barocke kleine Gotteshaus wurde 1651 errichtet, nachdem der Legende nach ein taubstummes Kind an der Quelle auf wundersame Weise geheilt wurde. Von der Terrasse des Gasthofs aus kann man bei einer Stärkung nach dem Spaziergang den steilen Weg hinauf einen tollen Panoramablick über die Stadt genießen und sich wie Kaiser Franz Josef I. fühlen, der 1848 bei seiner Patscherkofelbesteigung in Heiligwasser nächtigte.