Weinhaus Happ

Herzog-Friedrich-Straße 14

Kiebachgasse Innsbruck Vier Viecher Eck

Das heutige Weinhaus Happ versorgte schon im 15. Jahrhundert Einheimische und Besucher mit dem namensgebenden Rebensaft. Nach zahlreichen Besitzerwechseln übernahm Franz Happ 1874 das Lokal. Wie viele andere Gebäude der Altstadt, war auch das Weinhaus Happ zu dieser Zeit in elendem Zustand. Anders als heute entsprachen alte, geschichtsträchtige Gebäude nicht dem Zeitgeist. Nachdem die Fassade eingestürzt war, musste es komplett renoviert werden. Das Happ war zu einer Institution in Innsbruck geworden- Sogar kleine Theaterstücke und Vorführungen wurden hier veranstaltet. In den 1920ern wurde die Stube des Lokals nach den Plänen des bekanntesten Vertreters des Architekturstils der Tiroler Moderne, Franz Baumann (1892 – 1974), neugestaltet. Das Motto war dabei weniger Tirol als mehr die Moderne. Anstatt einer vollvertäfelten Stube setzte Baumann den Werkstoff Holz sparsamer ein und folgte einem sachlicheren Stil. Kurz später sollte Baumann als freier Architekt den Zuschlag für die Gestaltung der Stationen auf der Nordkette bekommen, die bis heute in seinem wegweisenden Design, das die traditionelle Tiroler Architektur aufbrach, bestehen. Auch die Fassadenmalereien des Weinhaus Happ stammen aus der Zwischenkriegszeit. 1937 wurden die südtirolerisch-bäuerlichen Motive, unter anderem ein Bild des Heiligen Urban, des Schutzheiligen der Winzer, von Erich Torggler angefertigt. Zu dieser Zeit waren Nord- und Südtirol bereits durch die Brennergrenze getrennt. Das Weinhaus Happ kann als Symbol für die Unterschiede in der Landwirtschaft zwischen Tirol nördlich und Tirol südlich des Brenners gesehen werden bei gleichzeitiger, bis heute von vielen gefühlter Einheit des Landes. Die verschiedenen klimatischen Bedingungen nördlich und südlich des Alpenhauptkamms hatten unterschiedliche Arten des Anbaus zur Folge. Während der Wein im Süden vor allem Exportgut war, musste Nordtirol Wein wie auch Weizen importieren. Die Interessen der Bauern der einzelnen Regionen waren als gänzlich verschieden, was Zölle anbelangte. Der Landesfürst musste immer wieder fein austarieren, um alle Interessen und Notwendigkeiten so gut als möglich zu befriedigen. Innsbruck war ein wichtiger Stützpunkt für den Weinhandel Richtung Norden. Wein war für lange Zeit kein berauschendes Genussgetränk, sondern Nahrungsmittel. Während man dem Wasser aus Brunnen vor allem in großen Städten nicht trauen konnte, war Wein verträglich. Der Wein war leichter als heute, die Menschen im Mittelalter und der frühen Neuzeit waren also nicht ständig angetrunken. Innsbruck befindet sich an der imaginären Grenze zwischen Bier- und Weingebiet. In Nordeuropa, wo der Wein nicht wuchs, trank man vor allem Bier, in den mediterranen Ländern Wein. Innsbruck als Handelsstadt zwischen Italien und Deutschland wurde von nördlich und südlich dieser Wein-Bier-Linie beeinflusst.

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Tiroler Demokratie und das Herz Jesu

Tiroler sehen sich bis heute oft als eigene Nation. Mit „Tirol isch lei oans“, „Zu Mantua in Banden“ und „Dem Land Tirol die Treue“ besitzt es gleich drei mehr oder weniger offizielle Hymnen. Diese Einstellung hat wie viele lokale Identitäten historische Gründe. Tirol nahm innerhalb des Habsburgerreichs lange Zeit eine gesonderte Position ein. Gerne wird von der ersten Demokratie Festlandeuropas gesprochen, was wohl eine maßlose Übertreibung ist, sieht man sich die feudale und von Hierarchien geprägte Geschichte des Landes bis weit ins 19. Jahrhundert an. Eine gewisse Eigenheit in der Entwicklung kann man dem Land, folgt man der von den Landständen mitgeprägten Politik und den Urkunden, trotzdem nicht absprechen. Nach der Hochzeit des Bayern Ludwigs von Wittelsbach mit der Tiroler Landesfürstin Margarete von Tirol-Görz waren die bayrischen Wittelsbacher für kurze Zeit nach den Grafen von Andechs erneut Landesherren von Tirol. Um die Tiroler Bevölkerung für sich zu gewinnen, beschloss Ludwig den Landständen, also den Sprechern der Tiroler Bevölkerung, im 14. Jahrhundert ein Zuckerl anzubieten. Im "Großen Freiheitsbrief" von 1342 versprach Ludwig den Tirolern keine Gesetze oder Steuererhöhungen zu erlassen, ohne sich nicht vorher mit ihnen zu besprechen. Dieser Große Freiheitsbrief wurde fortan von den Vertretern der Tiroler Bevölkerung bei allen Forderungen der Herrschenden und Fürsten gegenüber dem Land ins Feld geführt. Von einer demokratischen Verfassung kann allerdings keine Rede sein, waren diese Landleute doch vor allem die hohe Geistlichkeit und der lokale Adel, die über Mittel und Besitz verfügten. Als im 15. Jahrhundert Städte und Bürgertum langsam wichtiger wurden, entwickelte sich ein Gegengewicht zum Adel. Beim Landtag von 1423 unter Friedrich IV. trafen erstmals 18 Mitglieder des Adels auf 18 Mitglieder der Städte und der Bauernschaft. Nach und nach entwickelte sich in den Landtagen des 15. und 16. Jahrhundert eine feste Zusammensetzung. Vertreten waren die Tiroler Bischöfe von Brixen und Trient, die Äbte der Tiroler Klöster, die Adligen, Vertreter der Städte und der Bauernschaft. Den Vorsitz hatte der Landeshauptmann. Natürlich waren die Beschlüsse und Wünsche des Landtags für den Fürsten nicht bindend, allerdings war es für den Regenten wohl ein beruhigendes Gefühl, wenn er die Vertreter der Bevölkerung auf seiner Seite wusste oder schwere Entscheidungen mitgetragen wurden. Eine weitere sehr wichtige Urkunde für das Land ist das Tiroler Landlibell. Maximilian (83) gestand darin den Tirolern im Jahr 1511 in einer Art Verfassung zu. Soldaten sollten nur für den Kriegsdienst zur Verteidigung des eigenen Landes herangezogen werden dürfen. Betrachtet man die kriegerischen Zeiten und was es für die Bauern bedeutete, in den Krieg ziehen zu müssen, anstatt zu Hause die Felder bewirtschaften zu können, erkennt man schnell den Vorteil, den es den Tiroler brachte. Der Grund für Maximilians Großzügigkeit war weniger seine Liebe zu den Tirolern als die Notwendigkeit die Tiroler Bergwerke am Laufen zu halten, anstatt die kostbaren Arbeiter am Schlachtfeld zu verheizen. Dieses Sonderrecht der Tiroler war einer der Gründe für den Aufstand gegen die französischen Truppen im napoleonischen Krieg, als junge Tiroler bei der Mobilisierung der Streitkräfte im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht ausgehoben wurden. 

Auf diese eigenständige politische Landesgeschichte stützt sich der historische Tiroler Nationalismus, der seine höchste Vollendung bis heute in Bonmots wie „bisch a Tiroler bisch a Mensch, bisch koana, bisch a Oasch“ feiert. Das Zugehörigkeitsgefühl vieler Untertanen galt dem Land Tirol, weniger dem Haus Habsburg (77). Je stärker die Zentralisierung seit Maria Theresia (97) voranschritt, desto mehr war man in Wien darauf erpicht, Sonderfälle in den historischen Ländern wie Tirol, Kärnten und der Steiermark zu bändigen. Innsbruck und Tirol allerdings stellten so etwas wie den exotischen Wilden Westen des Reiches dar, der zusätzlich von den Alpen geschützt wurde. Im 19. Jahrhundert wollte man die Identifikation mit der Monarchie stärken. Presseberichte, Besuche der Herrscherfamilie, Denkmäler wie der Rudolfsbrunnen oder die Eröffnung des Berg Isels mit Hofer als kaisertreuem Tiroler sollten dabei helfen, die Bevölkerung in kaisertreue Untertanen zu verwandeln. Als nach dem Ersten Weltkrieg das Habsburgerreich zusammenbrach, zerbrach auch das Kronland Tirol. Das, was man bis 1918 als Südtirol bezeichnete, der italienischsprachige Landesteil zwischen Riva am Gardasee und Salurn im Etschtal, wurde zum Trentino mit der Hauptstadt Trient. Der deutschsprachige Landesteil zwischen Neumarkt und dem Brenner ist heute Südtirol / Alto Adige, eine autonome Region der Republik Italien mit der Hauptstadt Bozen. Der Teil des historischen Tirols nördlich des Brenners mit der Hauptstadt Innsbruck ist gemeinsam mit dem Landesteil Osttirol ein Bundesland der Republik Österreich. Für viele Tiroler stellt der Brenner aber auch nach über 100 Jahren noch immer eine Unrechtsgrenze dar, auch wenn man im Europa der Regionen auf EU-Ebene politisch stark zusammenarbeitet. Im Tiroler Teil nördlich des Brenners gab es, wie auch in anderen Kronländern nach dem verlorenen Weltkrieg, die Intention sich von der neu konstituierten Republik Deutschösterreich zu lösen. Der kleine Rumpfteil des verschwundenen Habsburgerreiches mit der überdimensionierten Hauptstadt Wien wurde vom Großteil der Menschen als nicht überlebensfähig gesehen. Bei einer Volksbefragung stimmten 99% der Tiroler für einen Anschluss an Deutschland. Erst nach dem 2. Weltkrieg begann sich in Tirol ein Zugehörigkeitsgefühl zu Österreich zu entwickeln. Innsbrucker fühlten sich durch die Jahrhunderte hindurch als Innsbrucker, Tiroler, Deutsche, Katholiken, Untertanen des Kaisers. Als Österreicher aber fühlte sich vor 1945 kaum jemand. Bis heute sind viele Tiroler stolz auf ihre lokale Identität und grenzen sich gerne von den Bewohnern anderer Bundesländer oder fremden Nationen ab. Die Legende von Tirol als Heiligem Land, eigener unabhängiger Nation und erster Demokratie außerhalb Englands hält sich bis heute. Dabei vergessen viele in ihrem Nationalstolz, dass Tirol keineswegs ein deutsches Land war. Mit Deutsch, Italienisch, Ladinisch waren allein in Tirol drei Sprachgruppen vertreten. Dazu kamen kleine Gruppen wie das Zimbrische und Rätoromanisch.